Kinderwunsch
Konstanze kauerte auf der Couch und brütete
stumpf vor sich. Seit Tagen quälten sie düstere Gedanken -
waren gegangen und wieder aufgetaucht.
Nervös nagte sie auf ihrer Unterlippe,
immer wieder huschte Ihr Blick zur Uhr.
In einer Stunde war Mitternacht.
Sollte sie Rokavo anrufen?
Sollte sie ihm sagen, dass sie wirklich
bereit war?
In ihrer Verzweiflung hatte sie vor ein paar
Wochen diesen Magier aufgesucht und ihn um Hilfe gebeten.
Ein eisiger Finger strich über ihr Rückgrad,
als sie zurückdachte doch Einzelheiten dieser Begegnung
waren ihr entfallen. Erst später, als sie längst zu Hause war,
bemerkte sie eine kleine blutende Wunde auf ihrer linken Brust
und ein merkwürdiges, fünfeckiges Symbole auf ihrem Unterleib.
Heute war Vollmond. Um das Ritual zu
vollenden, würde sie sich an die letzten Anweisungen Rokavos
halten müssen.
Sollte sie es wirklich tun?
Würde es klappen? Und wenn nicht?
Was steckte dahinter? Humbug?
Oder gab es wirklich Dinge zwischen Himmel
und Erde, die über ihre Begriffsfähigkeit gingen?
Aber andererseits? Was konnte schon
geschehen?
Was solls, murmelte sie
halblaut vor sich hin stand auf. Mehr als schief gehen kanns
ja nicht!
Verächtlich schürzte sie die Lippen nach
vorne und ignorierte die warnende, wispernde Stimme ihres
Unterbewusstsein.
Impulsiv griff sie zum Telefon. Schon nach
dem ersten Rufzeichen wurde der Hörer abgenommen und das heisere
Lachen Rokavos begrüßte sie.
Du bist allein!, kam er
gleich zur Sache.
Es war keine Frage, sondern eine
Feststellung.
Ja! Simon musste...
Ich weiß, schnitt er ihr das
Wort ab. Ich schickte einen Boten zu dir! Was zur
Vollendung des Rituals noch fehlt, liegt vor deiner Tür. Halte
dich genau an meine Gebote!
Dann wurde der Hörer aufgelegt.
Konstanze öffnete die Tür. Eine kleine, rötlich
schimmernde Phiole und fünf schwarze Kerzen mit silbernen
Ornamenten lagen auf der Fußmatte.
Tu s nicht, glaubte sie
eine Stimme zu hören, doch Konstanze achtete nicht darauf.
Eine nie zuvor gespürte Erregung griff nach
ihr und bestimmte ihr weiteres Handeln.
Im Badezimmer ließ sie die Wanne voll
laufen.
Sie stellte die Kerzen auf den Wannenrand.
Vorsichtig zog sie den Stöpsel aus der Phiole und goss die Flüssigkeit
hinein, die in feinen Schleiern durch das Wasser kroch und
dunkelrot färbte.
Sieht aus wie Blut, schoss es ihr durch den
Kopf.
In atemloser Spannung ließ sie sich in die
Wanne gleiten. Das warme Wasser umspülte ihre Glieder und
prickelte auf ihrer Haut.
Das Kerzenlicht spendete eine diffuse,
fluoreszierende Helligkeit. Unheimliche Schatten huschten über
die Wände.
Jäh erklang ein monotoner Singsang.
Ein eisiger Wind strich über ihre Brüste,
kratze wie Spinnenbeine über ihren Leib und verkroch sich
wirbelnd in ihrem Schoß.
Die raue Stimme eines Unsichtbaren flüsterte
in ihr Ohr. Leidenschaftliche Worte umnebelten ihre Sinne und
versetzten sie in eine orgastische Verfassung.
*****
Ich... ich bin wirklich schwanger?,
stammelte Konstanze überwältigt.
Impulsiv warf sie sich an die Brust ihres
Frauenarztes, Dr. Roland.
Der alte Herr lächelte gerührt und
streichelte ihr über den Rücken.
Tja, Sie sind es! Daran besteht kein
Zweifel mehr!, antwortete er. Ihre Schwangerschaft
ist mir zwar rätselhaft! ...Ich ... gebe nicht gerne zu, dass
ich mich geirrt habe, aber in Ihrem Falle freut es mich ganz
besonders. Trotzdem sollten Sie einen Fruchtwassertest durchführen
lassen, um sicher zu gehen, dass bei Ihnen und Ihrem Kind alles
in Ordnung ist!
Konstanze nickte und tupfte sich die Tränen
ab.
Jetzt weiß ich auch, warum ich so
eigenartige Gelüste...
Das ist ganz normal!, fiel ihr
Dr. Roland ins Wort, verschrieb Konstanze noch Vitamin- und
Mineraltabletten und vereinbarte mit ihr den nächsten
Vorsorgetermin.
*****
Konstanzes Glück schien vollkommen
und Simon, ihr Mann, las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.
Viele Male versuchte sie Rokavo anzurufen,
um sich überschwänglich für seine Hilfe zu bedanken, doch
permanent schien die Leitung besetzt zu sein.
Aber nach einigen vergeblichen Versuchen
dachte sie nicht weiter darüber nach.
Ihr ganzes Dasein wurde beherrscht von dem
kleinen neuen Wesen, das in ihr wuchs. Es veränderte ihr ganzes
Leben. Konstanze nahm es gelassen hin, dass sich ihr Äußeres
auf erschreckende Art und Weise veränderte. Ihre gesunde
Hautfarbe wich einer wässernden Blässe, ihr feinsinniger Humor
mutierte in launische Gereiztheit - und ihre sprühende Vitalität
verschwand. Konstanze verbrachte die meiste Zeit im Bett
wurde völlig apathisch.
Fast rituell stellte sie sich morgens und
abends, wenn sie nach dem Duschen ihren Körper eincremte, vor
den Spiegel. Behutsam streichelte sie ihren Bauch, der sich
langsam zu wölben begann.
Wie du wohl aussehen wirst?, flüsterte
sie zärtlich.
O mein Kleines, ich kann es kaum
erwarten, dich in meinen Armen zu wiegen!
*****
In einer frühen, noch immer dunklen
Morgenstunde, bevor der Tag endgültig aus den Tiefen der Nacht
kroch, geschah es völlig unerwartet.
Ein schmerzhaftes Ziehen und Stechen ihrem
Unterbauch riss Konstanze aus den Schlaf.
Ihr Puls hämmerte und das Blut rauschte in
ihren Ohren.
Saugend rang sie nach Luft.
Si... Simon... hilf mir, japste
sie.
Mühsam richtete sie sich auf und tastete
nach dem Bett neben ihr. Das Bett neben ihr war unberührt.
Simon?, röchelte sie. Simon
wo... wo bist du?
Und wieder, wie ein zweischneidiges Messer,
stieß der Schmerz erneut in ihren Leib.
Panik und Entsetzen kroch in ihr hoch.
Mein Baby, wimmerte sie. Die
Furcht, eine Fehlgeburt zu erleiden, legte sich wie ein eisiger
Hauch auf ihren Körper.
Mit zitternden Händen knipste sie die
Nachttischlampe an doch das Licht erinnerte nicht an den
warmen und sanften Schein; es war diffus und fluoreszierend
ähnelte dem des nächtlichen Rituals bei Vollmond.
Nur mit äußerster Kraftanstrengung gelang
es Konstanze sich zum Spiegel zu schleppen und zog ihr Nightshirt
hoch.
Die Haut ihres Leibes färbte sich schwarz,
wurde blutrot wurde dann mit einem Mal durchsichtig.
*****
Ein Baby mit schweißverklebten rotblonden Löckchen,
das in seiner Entwicklung und Gestalt an ein Putenengelchen
erinnerte, blickte ihr entgegen.
Gebannt starrte Konstanze in die schwarzen,
feucht glänzenden Augen mit den rötlichen Rändern, sah, wie
dieses engelgleiche Wesen sie blinzelnd beobachte.
Ein winziges schwarzes Zünglein zuckte aus
dem Mund, leckte sich über die vollen Lippen, lächelte breit
und zeigte blitzende,rasiermesserscharfe Zähnchen.
Durst!, vernahm sie diesen
telepathischen Befehl, der sich in ihr Bewusstsein bohrte, ohne,
dass sie ihn wirklich hörte. Instinktiv war ihr klar, dass
dieser Durst nicht mit Milch und Saft zu stillen war.
Entgeistert sah ich das Wesen an.
Durst!, wiederholte es seinen
Gedankenbefehl.
Wie in Trance ging Konstanze in die Küche,
öffnete die Schublade und zog ein großes Schlachtermesser
hervor.
Durst!, wimmerte es in ihrem
Unterbewusstsein, und gleichzeitig jagte Angst kalte Schauer über
ihren Rücken. Sie spürte wie sich ihre Seele spaltete, und das
Dunkle, das Böse die Herrschaft übernahm.
Tus nicht , vernahm
sie ein verzweifeltes Wispern. Oder willst du für immer
verdammt sein?
Rette dein Kind!, befahl eine
andere Stimme, schwieg, kicherte hämisch und endete in einem
grausigen Lachen.
Erschöpft lehnte sich Konstanze an den Küchenschrank,
das Messer entglitt ihrer Hand und fiel klirrend auf die Fliesen.
Zärtlich strich sie über ihren Bauch. Ihr
Leib wölbte sich nach vorn und es kam ihr vor, als wenn das
Wesen, ihr Ungeborenes, sein Köpfchen in ihre Hand schmiegte,
ihren Daumen umfasste und daran nuckelte.
Durst, wimmerte es in ihren
Gedanken.
Es wird sterben!, fauchte es
unbeherrscht in ihren Ohren und versetzte sie aufs Neue in einen
tranceähnlichen Zustand.
Wie unter Zwang blickte sie auf den Fußboden.
Die geschärfte Messerseite blitzte auf.
Ein Ruck ging durch ihren Körper.
Entschlossen bückte sie sich, hob das Messer auf und ging ins
Wohnzimmer.
Auf der Couch döste Cindy.
Und wieder vernahm sie das telepathische
Wimmern ihres Ungeborenen: Durst. Mami, ich hab so
Durst!
Mami, murmelte Konstanze überwältigt.
Ihr Kind hatte Mami zu ihr gesagt. Ihr Baby
war durstig. Und sie, sie würde dafür sorgen, dass es genug
bekam.
Sie hob das Messer, eine nie zuvor gekannte
Erregung erfüllte sie. Das Messer machte sie stark. Sie hatte
die Macht, Leben auszulösen Konstanze stach zu.
Das Tier heulte gepeinigt auf, doch auf sie
wirkte es nur wie ein anfeuernder Schlachtruf.
Wie besessen stach sie auf Cindy ein. Das
Blut spritzte wie eine Fontäne in ihr Gesicht.
Lächelnd leckte sie sich über die Lippen,
kostete das Blut in ihrem Mund.
In animalischer Gier stürzte sie sich auf
den frischen Kadaver und hieb fauchend ihre Zähne hinein.
Schweißgebadet erwachte Konstanze. Nur ein
Traum, dachte ich erleichtert. Ekel ergriff sie, als ihr Szenen
dieses Traumes einfielen und wischte sich über die Augen. Abrupt
setzte sie sich auf.
Ihre Hand war blutverschmiert. Sie zog die
Bettdecke zur Seite.
Entsetzen rollte durch ihre Kehle. Ihr
Nightshirt war voll angetrockneten Blutes.
Lieber Gott, entfuhr es ihr,
lass es ein Albtraum sein!
Ein stechender Schmerz fuhr durch ihren Körper,
der ihr fast das Bewusstsein nahm. Was willst du mit Gott,
glaubte sie eine keifende Stimme zu hören, dem höhnisches Gelächter
folgte.
Und wage nie wieder den Namen Gottes
laut auszusprechen!, befahl die Stimme. Oder willst
du dein Kind verlieren?
Nein, nein!, stammelte Konstanze
verwirrt und eilte ins Badezimmer.
Aus dem Spiegel grinste ihr eine
Horrorfratze entgegen. Angetrocknete Blut klebte um ihren Mund,
an ihrem Hals und in ihren Haaren.
Hysterisch schrie sie auf und riss sich ihr
Nightshirt vom Körper..
Erschöpft setzte sie sich auf den
Badewannenrand.
Was war geschehen? Nein das hatte sie nie
und nimmer getan. Nie hatte sie Cindy getötet, sie mit vielen
Messerstichen zerfleischt, sich an ihrem Blut gelabt? Niemals!
Ja, beruhigte sie sich selbst.
Es war nur ein Traum. Ein Albtraum!
Aber wo kam das Blut her? Und Cindy? Gewiss
schlief sie noch auf der Couch! Das Tier war alt und schwerhörig.
Hallo, Liebling, rief Simon,
klopfte kurz an die Badezimmertür und machte die Tür auf.
Unterwegs hatte ich eine Panne und weiß der Teufel, ich
konnte dich nicht erreichen. Das Telefon war...
Abrupt hielt er inne und stürzte auf
Konstanze zu.
O mein Gott, wer hat dir das angetan!
*****
Wir fanden keine fremden Fingerabdrücke,
nicht die geringste kleine Spur weist darauf hin, dass ein
Fremder in Ihr Haus eingedrungen ist und den Hund abgeschlachtet
hat!, erklärte Hauptkommissar Oliver Borner.
Fassungslos starrte Simon die Polizeibeamten
an.
Soll das heißen, dass Conny... äh...
dass meine Frau wie eine Besessene auf den Hund eingestochen hat
und....
Abrupt brach er ab.
Ich bin schon zwanzig Jahre Chefarzt
in dieser Klinik, begann Professor Ewald Mundt, ich
habe schon einige Schwangerschaftsabnormitäten erlebt. Manche
stopften sich rohes Fleisch und blutende Leberstückchen rein!
... Doch dieses... dass eine werdende Mutter das Blut ihres
Hundes aussaugt, wie... wie...
Wie ein Vampir!, ergänzte
Borner sarkastisch.
Warum, murmelte Simon erschüttert.
Meine Frau hat diesen Hund geliebt! Sie hat ihn aufgezogen,
wegen jeder Kleinigkeit ist sie mit ihm zum Tierarzt gerannt!
Nein! Das muss ein Irrtum sein!!
Das ist es leider nicht!,
seufzte der Professor. Da meinerseits erhebliche Zweifel
aufkamen, ließ ich die Tests mehrmals durchgeführen. Und außerdem...
Ewald Mundt hielt inne, nahm seine Brille
ab, putzte sie umständlich und setzte sorgfältig das Gestell
wieder auf. Er faltete die Hände, spreizte die Daumen ab und
schwieg. Gebannt blickte Oliver den alten Mann an. Und
außerdem was?, forschte er ungeduldig. Was gibt es
noch?
Der Professor sah Simon an und suchte nach
den passenden Worten.
Die weiteren Labortests ergaben, dass
Ihre Frau an einer infektiösen Vergiftung leidet. Möglicherweise
hervorgerufen durch diese .... äh...Geschichte. Meines Erachtens
sollte die Schwangerschaft schnellstens unterbrochen werden!
Was?
Wie von der Tarantel sprang Simon auf.
Scheppernd fiel der Stuhl nach hinten.
Abtreibung?, brüllte er wie von
Sinnen. Das lass ich nicht zu! Meine Frau dreht sonst
durch!
Aber sie ist doch schon...,
murmelte Oliver Borner, hob die Hände und ließ sie wieder
sinken. Sorry! Ich will Ihnen nicht zu nahe treten. Ich
werde ..
Sie werden gar nix!, fiel ihm
Simon ins Wort. Ich nehme meine Frau mit! Es gibt noch
andere Ärzte! Aber ihre Frau ist gefährlich!,
warnte der Professor.
Doch Simon hörte ihn nicht mehr. Mit weit
ausholenden Schritten verließ er den Raum.
Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins
Schloss.
*****
Unruhig wälzte Konstanze sich von
einer Seite auf die andere, knuffte ihr Kopfkissen zusammen, doch
der erlösende Schlaf kam nicht.
Neben ihr lag Simon und schnarchte leise.
Sie stand auf, ging in die Küche und
bereitete sich eine Tasse Kamillentee. Kaum rann der erste
Schluck durch ihre Kehle, glaubte sie keine Luft mehr zu
Ihr Puls hämmerte und das Blut rauschte in
ihren Ohren.
Saugend rang sie nach Luft. Si...
Simon... hilf mir, wimmerte sie doch ihr Mann kam
nicht. Mühsam richtete sie sich auf, wollte ins Schlafzimmer.
Plötzlich spürte sie einen stechenden
Schmerz in ihrem Unterleib.
Simon?, röchelte sie.
Simon wo... wo bist du?
Und wieder, wie ein zweischneidiges Messer,
stieß der Schmerz erneut in ihren Leib.
Eine unbändige Angst kroch in ihr hoch. Sie
zog das Oberteil ihres Pyjamas hoch. Ich Bauch war ganz schwarz,
dann wurde er mit einem Male durchsichtig.
Mein Baby, flüsterte sie andächtig.
Wie gebannt blickte sie in die dunkelglänzenden Augen mit den rötlichen
Rändern.
Das schwarze feuchte Zünglein zischelte aus
dem Mund. Das engelgleiche Wesen in ihrem Leib grinste
mitleidlos, ließ seine rasiermesserscharfen Zähnchen blitzen.
Töte ihn, vernahm Konstanze
einen telepathischen Befehl, ohne dass sie ihn wirklich hörte.
Sie wusste instinktiv, wenn es meinte.
Entgeistert sah ich das Wesen an.
Aber Liebling, murmelte sie erschüttert. Ich
kann deinen Vater nicht...
Töte ihn, befahl es und trat
ungehalten in ihren Bauch. Töte ihn! Töte ihn! Töte ihn!,
kreischte es, hielt inne und erkundigte sich lauernd.
Oder liebst du mich nicht?
Aber natürlich, wimmerte
Konstanze und Tränen rannen über ihre Wangen.
Dann töte ihn!, forderte es
ungehalten.
Wie in Trance ging Konstanze in die Küche,
öffnete die Schublade und zog ein großes Schlachtermesser
hervor und gleichzeitig jagte Angst kalte Schauer über ihren Rücken.
Wieder spürte sie wie sich ihre Seele spaltete und das Böse,
das Dunkle sich in den Vordergrund drängte..
Erschöpft lehnte sich Konstanze an den Küchenschrank
Zärtlich strich sie über ihren Bauch. Ihr
Leib wölbte sich nach vorn und es kam ihr vor, als wenn das
Wesen, ihr Ungeborenes sein Köpfchen in ihre Hand schmiegte.
Er hasst mich! Und eines Tages wird er
mich töten!, wimmerte es in ihren Ohren und versetzte sie
aufs Neue in einen Trancezustand.
Die geschärfte Messerseite in ihrer Hand
blitzte auf.
Ein Ruck ging durch ihren Körper und
entschlossen ging sie ins Schlafzimmer.
O Mami, ich hab dich so lieb!,
vernahm sie die telepathische Schmeichelei des Ungeborenen.
Überwältigt schluchzte Konstanze auf. Ihr
Baby liebte sie! Es hatte Angst vor Simon! Simon! Da lag er.
Schnarchte! War eifersüchtig. Vielleicht war er es gewesen, der
dem Professor vorschlug, die Schwangerschaft zu unterbrechen?
Ein nie gekanntes Hassgefühl stieg in ihr
hoch, und ein verächtliches Zucken huschte über ihr Gesicht.
Sie würde dafür sorgen, dass ihr Kind vor niemanden Angst haben
musste selbst wenn sie ihn töten musste. Simon, den Mann,
denn sie einst über alles geliebt hatte.
Sie hob das Messer. Sie fühlte diese
bestialische Macht, die von diesem geschärften Metall ausging
und fühlte sich als Herrin über Leben und Tod.
Ihr Baby würde leben Simon musste
sterben.
Mit einem Aufschrei stach Konstanze zu.
Gepeinigt schrak Simon aus dem Schlaf hoch.
Entsetzt sah er das Messer aufblitzen, das
Blut tropfte an seiner geschärften Seite und er begriff:
Das war sein Blut, das von diesem Messer tropfte. Diese Frau mit
dem Messer in der Hand war seine Frau.
Conny!, röchelte er, doch auf
sie wirkte es nur wie ein anfeuernder Schlachtruf.
Wie von Sinnen stach sie auf ihn ein.
Da war er wieder dieser heiße Wunsch,
dieser unbändige Durst. Das Messer fiel klirrend zu Boden.
Mit einem faunischen Lächeln leckte
sie sich die blutverschmierten Hände ab. Ihre Brust hob und
senkte sich in Erwartung. Und dann überkam sie wieder diese
Gier, diese animalische Lust.
Sie stürzte sich auf Simon und hieb
fauchend ihre Zähne in seinen Leib.
*****
Als Oliver Borner den zerfetzten Kadaver im
Leichenschauhaus zu sehen bekam, glaubte er, sich übergeben zu müssen.
Genau wie alle anderen ist er buchstäblich
ausgeblutet oder besser gesagt ausgesaugt worden!, erklärte
ihm der Gerichtspathologe, Dr. Mohr, kratze sich am Kinn und
murmelte: Möchte bloß wissen, wer zu solch einer
Bestialität fähig ist!
Die Frau des ersten Opfers,
erwiderte Oliver Borner abwesend.
Eine Frau?, entfuhr es Dr. Mohr.
Dann muss aber über enorme Kräfte verfügen!
Oliver Borner nickte, drehte sich um und
verließ das Oduktionszimmer. Er wusste, dass Konstanze schon auf
ihr nächstes Opfer lauerte.