AUS
DEN AUFZEICHNUNGEN DES
JOSCELIN
DE ROUCY
ADLER
STERBEN
UND
DIE RATTEN GEDEIHEN
-
UDO JÜRGENS -
ANNO DOMINO 1631 - Irgendwo in Deutschland
zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges
Deutschland war den vier Apokalyptischen Reitern preisgegeben. Hunger, Tod, Verwüstung und Pest marschierten Fuß bei Fuß durch das Land und hinterließen Tausende von Toten, zerstörte Städte, Dörfer und Burgen.
Das Land und die Bevölkerung verblutete. Jeder schien gegen jeden zu kämpfen. Katholiken gegen Protestanten, Deutsche gegen Schweden, Franzosen gegen Spanier, Katholiken gegen Katholiken. Es ging lange schon nicht mehr um den Anspruch, die einzig wahre Religion zu verteidigen, sondern wie üblich um reine Politik und die Ausdehnung diverser Machtansprüche.
Die Gestalt, die durch die dunklen Straßen huschte, fühlte sich von der Zerstörung und dem Tod, der selbst vor den mächtigen Mauern der Stadt nicht halt machte, wie magisch angezogen.
Friedrich, der Kahlköpfige blickte durch die dreckigen Fenster eines schäbig wirkenden kleines Hauses. Seine Augen saugten sich förmlich an den zwei ängstlich wirkenden Menschen fest, die in ihrem Haus Schutz vor der feindlichen Umwelt suchten.
Er leckte sich seine Lippen und grinste widerlich in sich hinein. Er würde seinen Brüdern Bescheid geben und dann mit ihnen zurückkommen, denn die beiden hilflosen Menschen waren die richtigen Opfer für ihr blutiges Fest.
*
Don Alfonso erreichte mit seinen müden und verstaubten Männern die Stadt am späten Abend. Es war ein Wunder, dass sich das Stadttor überhaupt vor ihnen öffnete, doch das Schreiben seiner kaiserlichen Majestät Ferdinand II. bewirkte selbst in diesen schlimmen Zeiten noch Wunder.
Er quartierte seine Männer in den verschiedenen Gasthäusern der Stadt ein und ritt selbst noch etwas durch die dunklen Gasse, um einen klaren Kopf zu bekommen.
Don Alfonso hatte die Dunkelheit schon immer geliebt und noch nie gefürchtet, selbst als Kind nicht, denn sie war immer eine liebenswerte Gefährtin gewesen. Nie hatte sie ihm Schaden zugeführt und manchmal hatte sie ihn sogar vor größeren Unheil bewahrt.
Velasco dachte an die vielen Kämpfe und Schlachten zurück, die er für seine Könige geführt hatte.
Plötzlich schnaubte sein Pferd auf und riss ihn aus seinen Gedanken.
Ganz ruhig, Ares, beruhigte er sein Pferd, das ihm in so vielen Schlachten schon so gute Dienste geleistet hatte, und tätschelte es zärtlich.
Er schaute sich um und kniff die Augen zusammen, um die Dunkelheit zu durchdringen. Aber nichts. Er konnte den Grund nicht entdecken, der sein Streitross zu beunruhigen schien.
Doch plötzlich erkannte er eine Gestalt an den Häuserwänden vorbeihuschen, die förmlich mit der Dunkelheit zu verschwimmen schien. Don Alfonso spürte, dass sie nichts gutes im Schilde führte und sprang vom Pferd. Er zog sein Schwert, das vor Jahren vom Papst persönlich gesegnet worden war, und folgte der in der Finsternis zu verschwindenden Gestalt.
*
Friedrich huschte lautlos von Gasse zu Gasse. Er freute sich schon diebisch mit seinen beiden Brüdern zu den auserkorenen Opfern zurückzukehren und sich mit ihnen auf ihre dekadente und abartige Weise zu vergnügen.
Doch plötzlich zuckte er zusammen, als er bemerkte, dass er verfolgt wurde. Der Mann reagierte auf die lauernde Gefahr zu spät.
Der Kahlköpfige wurde von hinten gepackt und mit Gewalt zu Boden gerissen. Friedrich war zu keiner Gegenwehr mehr fähig. Sein Schrei wurde durch sein eigenes Blut förmlich erstickt, das seine Lunge füllte und seinem Atem für immer zum Stillstand brachte.
*
Don Alfonso hatte die Gestalt verloren. Vorsichtig ging er weiter, als erwartete er jeden Augenblick den Angriff des Unbekannten. Als er in die nächste Gasse einbog, wäre er beinahe über die am Boden liegende Gestalt gestolpert. Er beugte sich vorsichtig herunter, seine Umgebung nie aus den Augen lassend.
Wäre das Licht, dass die wenigen Fackeln in der Gasse spendeten etwas heller gewesen, hätte er vielleicht die zerfetzte Kehle des Mannes erkennen können. Doch so sah er nur, das der Mann nicht mehr lebte. Friedrich, der Kahlköpfige hatte sein Leben für immer ausgehaucht.
Don Alfonso schaute sich um. Der Spanier schien instinktiv zu spüren, dass sich der Mörder noch ganz in seiner Nähe aufhielt. Als er sich aufrichten wollte, wurde er durch den Angriff des Fremden zwar nicht überrascht, aber beinahe von den Beinen gerissen. Velasco taumelte, gewann aber sein Gleichgewicht wieder und stellte sich zum Kampf. Nur schemenhaft sah er die Gestalt vor sich.
Du hast keine Chance, Menschlein, hörte er die Gestalt spöttisch sagen. Ich werde dein Blut trinken. Renn lieber um dein Leben!
Der Spanier stutzte und ging einige Schritte zurück bis er die steinerne Hauswand in seinen Rücken fühlte. Nun konnte ihn wenigstens niemand von Hinten angreifen.
Die Gestalt kam unterdessen unaufhörlich näher, unbeeindruckt von dem Schwert in der Hand des Spaniers.
Bist du ein Vampir?
Das Wesen lachte.
Natürlich bin ich das, Spanier oder sollte ich Don Alfonso sagen?
Woher kennst du meinen Namen?
Wieder lachte der Vampir.
Dein Kommen war uns bekannt, Menschlein. Aber nun genug des Redens.
Der Vampir griff an, hatte aber seinen Gegner unterschätzt, denn der Spanier sprang zur Seite und schlug mit seinem Schwert zu. Der Vampir schrie auf, als er mit voller Wucht gegen die Steinwand flog.
Doch noch größere Schmerzen bereitete ihm, die vom Papst geweihte Klinge, die durch seine Haut und seine Muskeln fuhr.
Wenige Sekunden später tropfte Blut aus der Wunde, die die Waffe des Spaniers geschlagen hatte und die sich eigentlich hätte schließen sollen.
Nun ergriff Don Alfonso die Initiative und deckte den Vampir mit unzähligen Hieben seines Schwertes ein, denen das Wesen jedoch mit gewandten Bewegungen auswich. Nach und nach machte sich der Vorteil des Blutsaugers bemerkbar. Im Gegensatz zu ihm, ermüdete der Vampir nicht und ein gezielter Schlag traf den Spanier und ließ ihn zu Boden taumeln.
Jetzt habe ich dich, sagte der Blutsauger sardonisch, schlug ihm das Schwert aus der Hand und umklammerte die Kehle des Spaniers. Trotz seiner Gegenwehr konnte Don Alfonso den Griff des Blutsaugers nicht sprengen.
Als er schon die Hoffnung aufgegeben hatte, löste sich der tödliche Griff unerwartet. Was weiter geschah, merkte der Spanier jedoch nicht mehr. Gnädig umfing ihn die endlose Dunkelheit. Er sank ohnmächtig zu Boden.
*
Velasco erwachte aus seiner tiefen Bewußtlosigkeit und sah in das gepflegte Gesicht eines Mannes.
Geht es Ihnen gut, hörte er den Fremden höflich fragen.
Der Spanier nickte schwach.
Ja, helfen sie mir bitte auf die Beine.
Mit einem kräftigen Ruck, der den Fremden nicht im geringsten anzustrengen schien, zog der Mann Don Alfonso hoch. Noch wackelig auf den Beinen, hielt er sich an der kräftigen Gestalt des Mannes fest.
Ich danke ihnen für ihre Hilfe, Fremder. Haben sie den Vampir verjagt?
Der Fremde nickte.
Wo wohnen Sie, Don Alfonso?
Velasco zuckte kurz zusammen. Jeder in der Stadt schien wohl seinen Namen zu kennen.
Im Gasthof ZUM BLAUEN RITTER.
Der Fremde schaute den Spanier stumm an.
Gut, antwortete er schließlich. Kommen Sie, Don Alfonso, ich helfe ihnen auf ihr Pferd und bringe sie zum Gasthof zurück.
*
Nachdem sich der Spanier im Gasthof etwas erholt hatte, fragte er den Fremden nach seinen Namen.
Namen sind unwichtig, antwortete dieser.
Der Fremde spinkste aus dem kleinen Fenster der Gaststube. Es wurde langsam hell. Eine Schweißperle erschienen auf seiner Stirn. Die aufkommende Helligkeit schien den Mann irgendwie zu beunruhigen.
Ich muss jetzt gehen, Don Alfonso. Schlafen Sie sich aus. Ich werde ihnen heute Abend wieder zur Verfügung stehen und Ihnen dann alles erklären. Leben Sie bis dahin wohl.
Bevor Velasco etwas erwidern konnte, war der Fremde verschwunden.
Seltsame Gedanken gingen ihm durch den Kopf, als er die Sonne aufgehen sah und sein Lebensretter so schnell verschwand, als wäre Höllenhunde hinter ihm her.
Welches Geheimnis verbarg wohl der seltsame Fremde?
*
Velasco hatte fast 24 Stunden lang fest geschlafen. Nachdem er Sebastian seinen langjährigen Freund und Stellvertreter kurz die Geschehnisse erzählt hatte, hatte er sich hingelegt und war sofort eingeschlafen.
Doch plötzlich befielen ihn seltsame Alpträume. Er sah eine unheimlich wirkende Gestalten, die ihn frösteln ließen und ihre Finger nach ihm ausstreckten, um ihn zu ergreifen. Und er sah noch mehr.
Er sah zwei Ratten die langsam auf ihn zukrochen. Aus ihren geöffneten Mäulern tropfte der Speichel zwischen ihren spitzen Zähnen hervor. Ihre roten Augen schauten ihn gierig an und schienen ihn regelrecht zu hypnotisieren.
Aus irgendeinem Grund konnte sich der Spanier nicht mehr bewegen. Er war wie erstarrt. Schweiß lief ihm die Stirn herunter. Als die Ratten ihn erreichten und ihre Zähne in seine Arme und Beine gruben schrie er gellend auf.
Mit einem Male war der Spanier hellwach. Hatte er alles nur geträumt. Doch die Schmerzen die augenblicklich seine Glieder erfassten, bewiesen genau das Gegenteil.
Nur mit Mühe konnte er sich aus seinem Bett erheben. Er entzündete unter großen Mühen die Kerzen und wollte gerade zu seinem Schwert greifen, als etwas seine Kehle packte und ihn zurück ins Bett zerrte.
*
Der Fremde erwachte. Er spürte, dass sich der Spanier in Gefahr befand und dringend seine Hilfe benötigte.
Er lugte vorsichtig durch die Vorhänge und erkannte mit Erleichterung, dass es bereits Dunkel war. Sekunden später war er bereits unterwegs, um Velasco zu Hilfe zu eilen.
Als er nach wenigen Minuten das Gasthaus erreichte, zeigte eine Menschenmenge, die sich außerhalb und innerhalb des Hauses angesammelt hatte, dass er zu spät gekommen war. Er drängte sich unsanft an den Leuten vorbei, von denen einige ihm böse Blicke zuwarfen und ihn ankeiften, und erreichte die Gaststube in der obersten Etage.
Er bemerkte eine Anzahl spanischer Soldaten vor dem Zimmer stehen und einen Mann, der sich über Velasco beugte. Der Spanier war tot und es sah nicht so aus, als wäre er eines natürlichen und sanften Todes gestorben.
Als er sich gerade umdrehen wollte um den Ort des Todes zu verlassen, hörte er eine Stimme hinter sich.
Warten Sie bitte!
Der Fremde drehte sich um.
Sind Sie der Mann, der Velasco das Leben gerettet hat?
Ja, der bin ich, was kann ich für Sie tun?
Ich bin Sebastian de Gaveira. Ich war ein Freund von Don Alfonso. Er hat mir von Ihnen und seiner Rettung erzählt.
Der Fremde sah den Mann stumm an.
Und?
Wer hat ihn umgebracht?
Sie wissen, Don Sebastian, warum Ihr Freund hier war?
Der Spanier nickte.
Ja, es ging um Vampire.
Dann wissen Sie ja, wer ihn auf den Gewissen hat, erwiderte der Fremde. Verschwinden Sie mit Ihren Männern aus der Stadt. Ich kümmere mich um den oder die Mörder!
Der Fremde drehte sich um und verschwand, bevor Don Sebastian noch etwas erwidern konnte.
*
Die Gestalt streichelte ihre beiden Lieblinge.
Das habt ihr gut gemacht, meine Freunde. Jetzt werden diese närrischen Spanier die Stadt wieder verlassen, denn sie haben Angst. Angst vor dem Unbekannten und der Dunkelheit, die sie töten wird. Und danach gehört die Stadt wieder mir ganz allein.
Die beiden Nager schauten die Gestalt an und öffneten ihre Mäuler, als wollten sie über ihre Tat grinsen.
Die dunkle Gestalt fixierte die beiden Ratten und ließ sie aus seinen Händen gleiten. Dann erhob sie sich und verließ die Gaststube unbemerkt. Doch die Gestalt hatte ihre Rechnung ohne den Fremden gemacht, der sie bereits erwartete.
Charles!
Die Gestalt zuckte zusammen, als sie die Stimme erkannte, und drehte sich um.
Du? Was machst du denn in der Stadt?
Habe ich dich nicht gewarnt?, erwiderte er.
Was soll das. Wir sind vom gleichen Blut.
Sind wir das?
Der Fremde grinste, was den Vampir zu irritieren schien.
Warum musst du und
deinesgleichen immer töten. Hätte es nicht gereicht, die
Menschen zu verjagen?
Du bist nach all den Jahrhunderten weich geworden. Früher hast du nie so gedacht. Menschen sind unsere Nahrungsquelle. Sie sind nichts weiter als Lämmer, die wir auf die Schlachtbank führen, um ihnen für immer ihr nutzloses Leben zu nehmen. Das war schon immer ihr Schicksal und wird es auch in Zukunft so sein, solange es uns gibt.
Und die wenigen, die von unserer Existenz wissen und uns gefährlich werden können müssen vernichtet werden, als abschreckendes Beispiel für die übrigen Narren, die sich uns entgegenstellen wollen.
Der Fremde nickte stumm.
Ja, solange es uns gibt,
Charles. Doch was wird sein, wenn es uns nicht mehr geben wird?
Der Blutsauger sah seinen Gegenüber erstaunt an.
Wie meinst du das?
Ich habe es satt, mich wie euresgleichen benehmen zu müssen. Ich will wieder sein, was ich einmal war. Ein Mensch!
Diesmal grinste Charles, der Vampir, als Antwort.
Lass dass nicht den Meister hören. Er wird dich dafür töten. Du bist kein Mensch mehr. Du bist jetzt einer von uns. Es war deine freie Entscheidung. Also akzeptiere es und töte!
Nein!, stieß der Fremde wütend hervor und zog sein Schwert. Ich will keiner mehr vor Euch sein!
Wie von Sinnen griff er den Vampir an. Dieser war von dem Angriff völlig überrascht worden und ging unter den unmenschlichen Hieben des Fremden zu Boden.
Nicht!, schrie Charles vor Schmerzen auf.
Doch es war zu spät. Mit einem
gewaltigen Hieb, schlug er den Blutsauger den Kopf vom Rumpf, der
mit einem poltern zu Boden fiel. Eine Blutfontäne schoss
gleichzeitig aus dem Torso hervor, der langsam, wie in Zeitlupe
zu Boden glitt, und bespritzte Gesicht und Kleidung des
Fremden.
Dieser wirkte für Sekunden wie betäubt.
Er hielt immer noch das Schwert in Händen und starrte wie
gebannt auf die Überreste des Vampirs. Dann steckte er plötzlich
seine Waffe wieder ein, drehte sich um und verließ den blutigen
Ort. Hatte die Seele Don Alfonso de Velascos nun ihre Ruhe
gefunden?
*******
GEGENWART
Ich erwachte aus einen unruhigen Schlaf. Ich hatte von Ereignisse aus längst vergangenen Tagen geträumt, die ich längst vergessen hatte, die mich aber anscheinend wieder eingeholt hatten.
Ich erhob mich aus meinem Bett und ging ins Bad. Eine kalte Dusche würde jetzt bestimmt Wunder bewirken.
Nachdem ich mich 10 Minuten lang unter das kalte Wasser gestellt hatte, waren die Alpträume wie weggewischt und ich hellwach.
Ich trocknete mich ab, zog mir meinen Bademantel über und ging in die Küche, um mir ein Frühstück zu machen.
Während ich an einem Marmeladenbrötchen knabberte blätterte ich in der Tageszeitung herum und stieß auf einen Bericht über einen Leichenfund. Der siebte in sieben Wochen, wenn ich mich recht erinnerte.
Als Adept der Schwarzen Künste interessierte ich mich natürlich auch für solche Meldungen.
Die Zeitung berichtete, dass es sich bei dem Täter höchstwahrscheinlich um einen Serienmörder handelte, der seine Opfer auf übelste Weise zurichtete und zerstückelte.
Trotz des teils blutigen Berichtes ließ ich es mir weiterhin schmecken. Ich hatte schließlich in meinem Leben schon viel schlimmeres mit eigenen Augen erlebt.
Sehr interessant, murmelte ich und legte die Zeitung schließlich beiseite.
*
Ich kannte einige Reporter, doch keiner war so zuverlässig wie Jacques, der mir schon so manchen Tipp hatte geben können.
Joscelin, gegrüßte mich der Reporter. Schön Dich zu sehen.
Um ehrlich zu sein, Jacques bin ich nicht hier, um Dich zu besuchen. Es geht um diese Mordserie ....
Der Reporter nickte.
Ich habe mir schon gedacht, dass Du nicht hier bist, um mich alten Knochen zu besuchen. Wie kann ich Dir helfen?
Du hast doch gute Kontakte zu der Polizei. Ist irgend etwas über diesen mysteriösen Killer bekannt, was nicht in den Zeitungen steht?
Aber Joscelin, wenn das so wäre, wäre ich zum Schweigen verpflichtet. Die ermittelnden Beamten ziehen mir bei lebendigen Leibe die Haut vom Leib, wenn solche Information nach draußen gelangen. Besonders Hauptkommissar Adler ist da überhaupt nicht zimperlich.
Ich weiß, Jacques. Ich kenn Adler, aber nur ein kleiner Hinweis, alter Freund.
Was interessiert Dich denn so an diesen Fall?
Es scheint kein gewöhnlicher Irrer für diese Taten verantwortlich zu sein. Ich habe da so eine Ahnung ....
Der Reporter verdrehte die Augen.
Ich weiß, was das heißt. Du hattest ja schon immer eine gute Spürnase für solche Verrückten. Liegt das vielleicht damit zusammen, dass Du Dich mit diesen Okkultismuskram beschäftigst?
Aber Jacques, Du weißt doch, dass ich Dir darüber nichts erzählen kann. In diesen Kreisen lieben es die Leute nicht gerade, wenn man Geheimnisse preisgibt. Manche sind äußerst nachtragend in diesen Dingen. Du weißt, was ich damit meine? Außerdem darf ich dich an dein eigenes Faible erinnern?
Der Reporter nickte ernst.
Schon gut, Joscelin. Also, was willst Du über diese Mordserie wissen?
Alles, was du weißt, alter Freund.
*
Ein irrer Killer
ging in der Stadt um und niemand schien ihn aufhalten zu können.
Die Polizei stand vor einem Rätsel.
Nicht nur das der
Killer keine Spuren hinterließ, es konnte auch kein Schema für
diese Morde entdeckt werden. Selbst der extra aus Amerika
herbeigeholte Profiler hatte den ermittelnden Beamten nicht
weiterhelfen können. Er stand wie alle vor einem Rätsel.
Zum kotzen,
murmelte Adler und warf die Akte auf seinen Schreibtisch. Dabei
beobachtete er seine junge Kollegin aus den Augenwinkeln heraus.
Ihre Blicken
kreuzten sich für Sekunden. Hauptkommissar Adler verzog seine
Mundwinkel zu einem Lächeln.
Was hälst
Du von einem üppigen Abendessen? Ich muss hier einfach mal raus,
sonst fällt mir die Decke auf den Kopf.
Kommissarin Anja
Roth nickte.
Gute Idee.
Ich habe nämlich einen Bärenhunger.
Dann lass
uns gehen.
*
Dagmar hasste es
zwar Abends durch die Straßen zu gehen, doch was sollte sie
machen, irgendwie musste das Geld zum Leben verdient werden. Und
die Nachtschicht in ihrer Firma wurde sehr gut bezahlt.
Vielleicht auch
deshalb so gut, weil ihr Abteilungsleiter ein Auge auf sie
geworfen hatte. Sollte sich der Kerl doch selbst einen
runterholen.
Die junge Frau
umschloss den Griff ihrer Tasche fester, als sie ein Geräusch
hinter sich vernahm. Sie fuhr zur Seite, als zwei Fahrradfahrer
an ihr vorbeischossen.
Idioten,
murmelte sie und setzte ihren Weg fort.
Abgelenkt von
zwei Inline Skatern, die ihr entgegenkamen, bemerkte
Dagmar nicht die Gestalt, die ihr seit einiger Zeit lautlos
gefolgt war.
Erst als es zu spät
war und eine eiskalte Hand sie packte und sie in einen Toreingang
zerrte, registrierte die Frau, was mit ihr geschah.
Doch bevor der
Vermummte sein blutiges Werk beginnen konnte, wurde er
seinerseits von hinten gepackt und zurückgerissen.
Du bist
also nicht tot, murmelte der Neuankömmling.
Der Vermummte
blickte die Gestalt an. Erkennen blitzte kurz in seinen Augen.
Doch dann gewann das animalische Wesen wieder die Oberhand und
der Vermummte griff den Neuankömmling an.
Doch dieser wich
gewandt aus und versetzte den Vermummten einen Schlag in den
Nacken. Mit einem Ächzen ging dieser in die Knie, erhob sich
aber sofort wieder, als wäre nichts geschehen.
Ich werde
dich nun töten, sagte der Neunankömmling.
Währenddessen
wurde das Rattengesicht des Vermummten sichtbar.
Du kannst
mich nicht töten, erwiderte dieser. Ich bin
unsterblich.
Das bin ich
auch, aber auch unsereins kann vernichtet werden!
*
Adler genoss das
gemeinsame Abendessen mit seiner jungen Kollegin. Sie schien tatsächlich
einen Bärenhunger zu haben, denn sie ließ sich das italienische
Essen sichtlich schmecken.
Der
Hauptkommissar lächelte und trank einen Schluck von dem vorzüglichen
Chianti.
Willst Du
nicht doch etwas von dem Wein probieren?, fragte er sie.
Nein, ich
muss nachher noch fahren ....
Lass den
Wagen doch einfach stehen. Wir nehmen nachher einfach ein Taxi.
Die Kommissarin
schaute Adler mit einem hintergründigen Lächeln an.
Lassen wir
uns das spontan entscheiden, bemerkte sie neckisch, der
Abend ist schließlich noch lang.
Adler verzog
leicht das Gesicht. Er mochte das Wort spontan nicht, es wurde zu
oft von den Menschen missbraucht.
Hast Du
etwas dagegen, wenn ich rauche?, fragte er Anja.
Nein, ganz
und gar nicht.
Der
Hauptkommissar entzündete sich eine Zigarette und beobachtete
dabei einen Mann, der das Restaurant betrat.
Joscelin
der Roucy, murmelte er, als er ihn erkannte.
Was hast Du
gesagt?, fragte ihn die Kommissarin.
Nichts. Ich
habe nur laut gedacht. Würdest Du mich bitte für einen
Augenblick entschuldigen, ich habe da einen alten Freund entdeckt
.....
Anja nickte und
vertiefte sich wieder in ihr Essen.
*
Joscelin,
was machen Sie denn hier?
Ich lächelte.
Ich habe
Sie gesucht, Adler. Ich habe einen kleinen Tipp für Sie. Es geht
da um diese Mordserie ......
Der
Hauptkommissar schaute sich kurz um und nickte stumm.
Kein Wort
mehr, Joscelin. Hier können wir nicht reden. Kommen Sie
bitte mit!
Der
Hauptkommissar führte mich in einen separaten Raum des
Restaurants, das anscheinend öfters von Adler benutzt wurde.
Erzählen
Sie, sagte er schließlich.
Ich legte los und
als ich geendet hatte, fragte er mich: Woher haben
sie diese Informationen?
Von einen
alten Freund ....
Adler sah mich
stumm an.
Lassen sie
mich raten. Jacques de Chalois hat ihnen diese Informationen
gegeben. Streiten sie es nicht ab!
Das könnte
ich durchaus tun, Adler ....
Und warum
haben sie es mir dann überhaupt erzählt?
Ich schulde
ihnen noch einen Gefallen. Und ich pflege meine Schulden immer zu
bezahlen.
Wo befindet
sich Jacques jetzt?
Ich denke,
er wird den Killer gerade gestellt haben ....
Sind sie
und Jacques völlig durchgedreht. Der Killer wird Jacques in Stücke
schneiden ...
Ich lächelte.
Nein, das
wird er ganz bestimmt nicht, aber lassen sie uns aufbrechen. Sie
wollen doch sicher den Irren verhaften. Oder etwa nicht?
Wir machten uns
auf den Killer zu stellen. Den weiteren Abend mit Anja konnte
Adler damit vergessen, die das Verschwinden des Hauptkommissars
nicht bemerkte, da wir über eine Hintertür das Restaurant
verließen.
*
Das Rattengesicht sah Jacques ernst an.
Du hättest mich damals retten können, weiß du das?
Nein, hätte ich nicht, Velasco. Du warst schon ein toter Mann, als du die Stadt betreten hast.
Das Rattenwesen sah Jacques wütend an.
Du als Vampir müsstest meine Mordlust verstehen. Seit Jahrhunderten habe ich in meinem Grab geruht bis mich so ein Narr von Wissenschaftler in meiner neuen Gestalt erweckt hat. Zur Belohnung habe ich ihn in Stücke gerissen.
Die Augen Velascos glühten vor Mordlust und ein irres Lächeln machte sich auf sein Rattengesicht breit.
Jacques schüttelte den Kopf.
Nein, ich kann dich nicht verstehen, Velasco. Deshalb muss ich dich aufhalten, damit das Töten ein Ende hat.
Das Rattenwesen fing gellend an zu lachen, wandte sich aber plötzlich an Dagmar, die versuchte aufzustehen.
Du bleibst schön liegen, sonst reiße ich das Herz aus der Brust!
Die junge Frau sah eingeschüchtert auf die beiden Gestalten und tat resigniert, wie ihr geheißen.
Du weißt doch Vampir, dass nur einer von uns beiden den nächsten Tag erleben wird?
Jacques nickte.
Ja, und das wirst bestimmt nicht du sein!
Der Vampir griff an, doch Velasco wehrte den Angriff geschickt ab und packte Jacques am Kragen.
Du hast gegen mich keine Chance, du Narr!
Jacques befreite sich unterdessen von dem mörderischen Griff, indem er mit aller Kraft von unten nach obern gegen die Ellbogen seines Gegners schlug.
Sein Kopf fuhr nach vorne und traf das Rattenwesen mitten zwischen die Augen. Ein wütendes Fauchen war die Antwort Valascos, der Jacques mit einem mörderischen Hieb mit seiner rechten Krallenhand die Kehle durchschnitt.
Der Vampir taumelte und hielt sich mit einen erstaunten Blick die Hände vor die Kehle bevor das Rattenwesen sein Werk vollendet und Jacques mit der anderen Krallenhand dessen Herz durchbohrte.
*
Adler feuerte augenblicklich auf die Gestalt, die ihren Gegner die Kehle durchgeschnitten hatte. Doch wir waren leider zu spät gekommen. Die Kugeln zeigten keinerlei Wirkung.
Haben sie nichts besseres auf Lager, fragte ich den Hauptkommissar und war auch schon an ihn vorbei.
Das Rattenwesen fuhr herum. Seine Augen funkelten mich böse an.
Du bist so gut wie tot, Rattengesicht!, murmelte ich wütend, als ich Jacques erblickte.
Meine rechte Hand mit dem Pentagrammring fuhr hoch. Sein Leuchten war nicht zu übersehen und bevor Rattengesicht reagieren konnte, brannte sich der magische Ring in das linke Auge des Wesens.
Velasco schrie vor Schmerzen gellend auf und wollte mich mit seinen Krallenhänden in Stücke schneiden, doch dazu kam es nicht mehr, denn Adler setzte ihm seine Waffe an den Hinterkopf und drückte gleich mehrmals ab.
*
UNTER DEN VAMPIREN GIBT ES, WIE BEI UNS MENSCHEN, GUTE WIE BÖSE.
JACQUES WAR EIN GUTER VAMPIR UND ICH WERDE IHN IN EHREN HALTEN. MÖGE SEINE SEELE IN FRIEDEN RUHEN.
DOCH DER KAMPF GEGEN DAS VERBRECHEN UND DAS BÖSE GEHT WEITER. MÖGE MIR NOCH EIN SEHR LANGES LEBEN BESCHIEDEN SEIN, UM DIE MISSION GEGEN DAS BÖSE WEITERZUFÜHREN, AUCH WENN SICH MANCHE WUNDERN MÖGEN, WARUM EIN ADEPT DER SCHWARZEN KÜNSTE DIESEN KAMPF FÜHRT ......
2002 by Joscelin
de Roucy
JOSCELIN
DE ROUCY
Band
1 : AUF DUNKLE PFADEN
Internet:
http://dunkle.wortwelten.de
Alle
Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, bedarf der
Zustimmung der jeweiligen Autoren.
©
2002 by Joscelin de Roucy
AUS
DEN AUFZEICHNUNGEN DES
JOSCELIN
DE ROUCY
VORSCHAU