KÄLTE

(von Kerzenschein)

als Pendant zu FINSTERNIS gedacht...

 

Der Wind pfeift seine traurige Melodie zwischen den schwarzen Felsen, die aus dem matten Weiß des Schnees hervorragen. Eisig weht er zwischen den Gipfeln und lässt die Menschen erschaudern. Die eindrucksvolle, schroffe Landschaft- nur der Kontrast von weiß, schwarz und dem grauen blau des Himmels – kann ich nicht genießen. Es ist auch nicht die Kälte des Windes die mich erzittern lässt. Ich fliege den Berg hinab auf meinen zwei Brettern. Um auf Technik zu achten – um zu „wedeln“ habe ich keine Zeit – denn er ist hinter mir. Ich kann ihn spüren. Die kalte Aura seines Hasses stellt meine Nackenhaare auf. Ich weiß, ich habe ihn wegen einem anderen verlassen. Ich weiß, ich habe ihn betrogen. Ich weiß, es war nicht fair von mir. Ich weiß, ich bin die Schuldige. Aber sterben will ich nicht dafür.

Spielt mir der Wind das Lied vom Tod? Die eisige Luft, die ich um mir fühle singt mir das Lied.

Einst liebten wir uns. Dann liebte nur mehr er mich. Ich mochte ihn. Jetzt hasst er mich und ich habe Angst vor ihm.

Der Kontrast verschwindet. Ich tauche in den Nebel einer Wolke ein. Es ist alles grau in grau. Ohne zu sehen, ohne zu denken fliege ich hinunter. Die Piste auf der die normalen Leute verkehren habe ich längst verlassen. Der Nebel lichtet sich nicht. Nein, er ist weg – auf einen Schlag weg. Unter mir breitet sich ein Tal aus. Ein Dorf ist zu sehen. Rauch zieht aus den Schornsteinen. Dort ist das Leben. Hier ist der Tod. Hie und da ist sogar ein Fleckchen grün zu sehen. Hoffnung keimt auf.

Liebe wehrt nun mal nicht ewig. Das ist so.

Es geht weiter bergab. Immer noch in dieser halsbrecherischen Geschwindigkeit. Denn ich kann ihn hinter mir fühlen. Er ist da. Ich weiß es.

Wehrt Liebe doch ewig?

Ich komme in einen Wald. Oft genoss ich früher ruhige, romantische Waldspaziergänge mit ihm. Wir lauschten den Vögeln – dem Leben im Wald. Aber hier gibt es kein Leben. Hier singt nur der Wind. Die schwarzen Stämme fliegen an mir vorbei.

Was war das? Ich weiß nicht wie mir geschah. Ich liege im kalten, nassen Schnee, der den feuchten Waldboden überdeckt. Mein Gesicht tut mir entsetzlich weh. Das Weiß neben mir wird langsam rot. Ich fasse an meine Backe. Meine schwarzen Handschuhe werden rot. Hat er mir das angetan? Ich muss weiter. Er ist bestimmt noch hinter mir. Mein Kopf bleibt an dem Ast über mir hängen. Er hat einen roten Fleck.

Weiter fahre ich hinunter. Über die Schulter werfe ich Blicke nach hinten. Ich weiß, dass er da ist, aber ich sehe ihn nicht.

Der schwarze Wald lichtet sich. Man sieht schon das Licht, das sich dahinter verbirgt. Ich schieße aus dem Wald hinaus. Hin zum Licht. Und ich falle. Weit unter mir erblicke ich den Boden des Abgrundes. Ein letztes Mal drehe ich mich in der Luft. Ich sehe ihn nicht über mir und ich weiß, dass er nicht da ist.

Der Wind pfeift mir mein Abschiedslied.

 

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