Finsternis

(meinem guten Freund Jens Mallow gewidmet)

 

Ich schreite allein die Straße entlang. Ein kühles Lüftchen durchstreicht die Blätter der Bäume am Wegesrand. Das beruhigende Rauschen ist das einzige Geräusch, das, neben dem Hall meiner Schritte auf dem Asphalt diese sternlose Vollmondnacht durchdringt. Eine dunkle Wolke schiebt sich vor den Mond und Finsternis umhüllt mich. Ich ziehe meine Jacke fester um mich. Kein Zeichen irgendeines Lebens höre oder sehe ich, während ich diese kleinstädtische Wohngegend durchwandere. Kein Schreien kleiner Kinder. Nichts. Niemand außer mir. Ich biege um die Ecke und da:

Ich bleibe stehen und lausche. Da waren Schritte. Es fröstelt mich; weniger auf Grund der Kälte als wegen der Furcht. Welches düstere Wesen neben mir ist zu dieser späten Stunde unterwegs. Würde er mir was antun? Meine rechte Hand wandert in die Westentasche, auf der Suche nach dem Gefühl der Sicherheit, den die Berührung eines Waffenknaufs bringen konnte. Ich sehe diesen Wahnsinnigen jetzt. Ich höre meine Frage, wer zu so später Stunde unterwegs ist durch die finstere Nacht schallen. „Ich“, kommt die Antwort. „Ich“ ist stehen geblieben. Ruhigen, langsamen Ganges bewege ich mich auf dieses Monster zu. Es fragt mich, was ich will. Als Antwort hebe ich meine Hand aus der Tasche. Pures Entsetzen spiegelt sich in seinen Augen wieder, als er mein Ritualmesser erkennt. Seine Faust schnellt vor und streckt mich zu Boden. Ich werde mich wehren, denke ich. Er rennt weg. Ich raffe mich auf und verfolge diesen Kriminellen. Er gehört aus dem Verkehr gezogen. Ich komme ihm näher und näher. Er fängt an um Hilfe zu rufen. Niemand hört ihn, wir sind allein. Alle Kindlein schlafen schon. Eigentlich sollte ich derjenige sein, der um Hilfe ruft. Ich höre seinen schweren Atem zwischen den Hilfeschreien. Ich würde ihn für seine Verbrechen richten. Ich springe und erfasse ihn;  reiße ihn mit mir zu Boden. Mein Messer bohrt sich in seinen Rücken. Er schreit auf. Der Schrei des Todes. Ich drehe ihn um und schneide seine Zunge heraus. Niemand sollte ihn hören. Niemand sollte ihm oder mir zur Hilfe eilen. Er gehört mir. Ein einfacher Zug der Klinge über den Hals. Nun würde er tot sein. Aber falls nicht? Ich muß mir Gewißheit verschaffen. Zuerst steche ich in seine Brust und führe dann ein paar einfache Schnitte durch. Das Studium der Medizin hatte sich also doch gelohnt. Ich fasse in die Brusthöhle hinein und reiße sein Herz heraus. Nun würde er sicherlich seine verbrecherische Seele aus gehaucht haben.

 

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