Wenn wir unsere Feinde hassen, geben wir ihnen Gewalt über uns - Gewalt über unseren Schlaf, unseren Appetit und unsere Seelenruhe. Sie würden tanzen vor Freude, wenn sie wüssten, wieviel Kummer sie uns bereiten. Unser Hass schadet ihnen nicht im geringsten, aber er macht unsere Tage und Nächte zur Hölle.

Dale Carnegie

 

DER SCHATTEN

 

Sarah verzieht angewidert den Mund und lässt das Stück Papier in den Mülleimer wandern. Seit geraumer Zeit bekam die junge Frau solche Briefe, bisher hat sie sich nichts dabei gedacht, doch nachdem sie im Radio eine Reportage über einen verrückten Serienkiller, der seine Opfer terrorisiert und dann zerstückelte, gehört hat, fühlt sie sich nicht mehr sicher. Das Schlagen der Uhr lässt sie innerlich erschaudern, nachts bekommt sie durch Hundegebell keinen Schlaf und sie leidet unter ständigem Verfolgungswahn. Noch einmal blickt Sarah auf das zerknüllte Stück Papier, bevor sie in die Küche geht und sich einen Kaffee zubereitet. Ein Schaben an der Tür  lässt sie aufschrecken. Leise zieht sie ein scharfes Messer aus dem Regal neben sich und schleicht zur Tür. Dort angekommen bemerkt sie einen weißen Zettel den jemand unter ihre Tür durchgeschoben hat, zitternd umfasst sie den Knauf ihrer Wohnungstür.......atmet tief durch.....reißt ihre Tür auf und.........es ist niemand da. Sarah blickt sich etwas um und geht dann wieder verwirrt zurück in ihre Wohnung, dabei hebt sie das Papier auf und trägt es in die Küche wo sie das Messer, in ihrer Griffnähe, hinlegt. Mit geschickten Fingern entfaltet sie den Zettel und lässt einen dünnen Schrei entfahren. Eine mit Blut geschriebene Nachricht „starrt“ sie an:

 

Komm heute Nacht um 24 Uhr auf den seelen Friedhof,

Richterstr. 13! KOMM ALLEIN!

                                        Der Schatten

 

„Der Schatten“ geht es ihr immer wieder durch den Kopf, wer ist das? Was will er?  Bei dem Gedanken an diese mysteriöse Person läuft ihr ein kalter Schauer hinunter. Doch sie steht unter Zeitdruck und ihr Boss wird sicher nicht sehr erfreut sein wenn sie zu spät zur Arbeit kommt, darum packt sie ihre Sachen und wirft den Zettel ohne weitere Beachtung in den Mülleimer. Im Laufe des Tages gelingt es ihr tatsächlich keine weiteren Gedanken an „den Schatten“ zu verlieren. Erst als sie abends um 23:30Uhr ihre Wohnungstür aufsperrt überkommt sie wieder dieses Gefühl, ein Gefühl das ihr Angst macht, eines das ihr geradezu die Luft zum Atmen raubt. Hier konnte sie die Nacht nicht verbringen, Sarah würde zu ihrer Mutter fahren, so wie sie es immer machte wenn es Probleme gab. Während der Autofahrt versuchte sie sich durch das Radio abzulenken, doch es gelang ihr nicht, immer wieder erinnerte sie sich an die Nachricht, an den Schatten, wie er sich selbst nannte. Doch plötzlich erregte ein Schild ihre Aufmerksamkeit, „Richterstraße“ stand dort in großen Lettern gedruckt. Ihre Panik stieg als sie die einzelnen Hausnummern entdeckte, ......10....11.....12.....und ja, da war der Friedhof, mit der Unglück bringenden 13;  Sie verlangsamte ihr Auto, und bremste vor dem Eingang ab, „was tue ich da nur“ schimpfte sie sich selbst, doch der Drang und eine gewisse Neugierde waren stärker und so stieg sie aus. Die junge Frau näherte sich langsam, lauschend der Pforte, zu ihrer großen Verwunderung stand sie weit offen. In der hinteren Ecke des Totenackers konnte sie schwach ein Licht erkennen, ihre Härchen sträubten sich als die große Kirchenuhr 24Uhr schlug. Sarah ging auf das Licht zu, verwundert über ihren plötzlichen Mut. Als sie vor dem Lichtkreis aus Kerzen stand, wie sie jetzt erkennen konnte, überfiel sie ein drückendes Gefühl der Hilflosigkeit, noch hatte sie niemanden gesehen, doch das würde sich vermutlich ändern wie sie wusste. Der Zettel in der Mitte des Kreises zog jedoch wieder ihre Neugierde auf sich, die Frau beugte sich über den Kreis und begann die Nachricht darauf leise vorzulesen:

 

 Die Nacht ist wie ein großes Haus.
Und mit der Angst der wunden Hände
reißen sie Türen in die Wände -
dann kommen Gänge ohne Ende,
und nirgends ist ein Tor hinaus.

Rainer Maria Rilke

 

Nun, dies war nicht gerade eine zufriedenstellende Neuigkeit. Als sie wieder gehen wollte bemerkte sie erst die große Gestalt an ihrer rechten Seite. Kalte Finger legten sich um ihre Hände, der leere Blick ihres Gegenübers machte ihr schwer zu schaffen, doch was sie nicht begreifen konnte waren die langen spitzen Eckzähne die furchtbar grauenhaft aus dem Mund herausstachen. Sarah bekam es mit der Angst zu tun, sie wollte schreien, sie wollte sich wehren, aber sie stand einfach nur regungslos da. Das einzige was sie noch sehen konnte war, wie der Mann sich mit seinem Zähnen ihrem Hals näherte, dann verloschen die Kerzen......

 

 

 

Radio5:

„Heute Morgen fand die Polizei auf dem „Seelen Friedhof“ die pervers zugerichtete Leiche eines jungen Mannes, wie sich herausstellte handelte es sich hierbei um den gefürchteten Serienkiller, der sich „der Schatten“ nennt. Vermutlich wollte er hier seinem nächsten Opfer auflauern. Die Polizei fand auch einen vor den Eingang geparkten VW Polo der vermutlich dem Killer gehörte.

Des weiteren wird seit gestern Abend Sarah Bremer vermisst, die junge Frau wollte zu ihrer Mutter kam aber dort nicht an. Sarah ist 1.70 groß und hat lange blonde Haare, bekleidet ist sie mit einem schwarzen Pullover und hellblauen Jeans. Wer die Frau gesehen hat melde sich umgehend an der nächsten Polizeidienststelle.“

 

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