THE REAPER

Von Ingo Löchel

 

 

„DREHT EUCH NICHT UM, DENN DER REAPER GEHT UM“

 

 

PROLOG

 

Joe Roberts war ein korrupter Cop. Doch das war in dieser Stadt, wo das Organisierte Verbrechen und andere dunkle Mächte die Macht an sich gerissen hatten, keine Seltenheit. Im Gegenteil. Die meisten Beamten waren es in der Stadt. Und nicht nur die, die bei der Polizei arbeiteten.

Roberts hielt bei jedem die Hände auf und wer nicht zahlen wollte, den ließ er von seinen Kollegen einschüchtern. Ein einfaches und sicheres Geschäft.

Die Bevölkerung der Stadt stöhnte unter dem Wirken des Bösen. Die wenigen, die sich gegen den verbrecherischen Strom stellen wollten, wurden liquidiert oder so eingeschüchtert, dass sie freiwillig aufgaben.

Niemand schien die dunklen Mächte aufhalten zu können bis das Grauen über die Stadt kam.

 

*******

 

Joe Roberts konnte bei keinem Rock seine gierigen Griffel bei sich behalten. Was sein Äußeres nicht hergab, machte er mit dem Geld wett, das Mr. Korrupt nebenbei verdiente.

Gerade hatte er ein Auge auf Geena, die junge Tochter des Ladenbesitzers Frank Taylor geworfen, den er gerade ausnahm.

‚Geiles Luder’, dachte er, als Roberts seinen Blick über ihren Körper streifen ließ. ‚Der würde ich es liebend gern einmal kräftig besorgen’, spielte er in Gedanken seine Phantasien weiter. Doch er wurde schließlich wieder von der Wirklichkeit eingeholt.

„Also, was ist jetzt!“, fuhr er Frank Taylor, den Ladenbesitzer an. „Entweder sie zahlen jetzt oder ich schicke meine Kumpel vorbei. Die werden sie schon überreden. Oder wollen sie, dass sich meine Freunde ein bisschen um ihre knackige Tochter kümmern?“

Der Polizist grinste.

Taylor schluckte, aber er konnte nichts machen. Er gab dem korrupten Polizisten schließlich das Geld, um seine Ruhe zu haben und seine Tochter vor ihm und dessen Kumpanen zu schützen.

Roberts ergriff die Kohle, nickte Taylor zu und grinste Geena dabei anzüglich an. Als der Polizist schließlich den Laden verließ, war er mit sich und der Welt sichtlich zufrieden.

Er verstaute das Kuvert mit dem Geld in die Innentasche seiner Lederjacke und entzündete eine Zigarette, deren Qualm er tief in seine Lungen einsog.

Als Roberts jedoch plötzlich einen kalten Luftzug an seinen Nacken verspürte, war es bereits zu spät.

Eine Klinge wurde ihm von hinten an seinen Kehlkopf gesetzt und mit einer blitzschnellen Bewegung schnitt ihm jemand die Kehle durch.

 

 

*******

EINIGE TAGE SPÄTER

 

„Was ist das für ein Irrer, der unsere Leute massakriert?“, frage Walter König, der Boss der größten Mafia – Familie in der Stadt.

„Keine Ahnung.“

König sah Ralf van Haan seine rechte Hand mit böse funkelnden Augen an.

„Was heißt hier keine Ahnung. Du als mein Stellvertreter und meine rechte Hand musst über alles, was in der Stadt passiert, informiert sein. Auch über so einen Wahnsinnigen.“

„Tut mir leid, Walter, aber dieser Irre, wie du ihn nennst, hat sich bei mir noch nicht persönlich vorgestellt.“

„Willst du mich verarschen, Ralf?“

„Nichts liegt mir ferner, aber was sollen wir machen. Unser geheimnisvoller Gegner schlägt schnell zu und verschwindet wieder genauso schnell und unerkannt wie er gekommen ist.“

„Dann frage unsere Verbündete. Die haben doch Mittel und Wege auch das Unbekannte und Verborgene  ausfindig zu machen.“

Van Haan sah König eine zeit lang stumm an und schüttelte dann seinen Kopf.

„Sorry, Walter, aber das ist deine Sache. Ich will mit diesen Leuten nichts zu tun haben.“

 

*******

 

„Hier geblieben!“, riefen die uniformierten Polizisten. „Du entkommst uns sowieso nicht!“

Geenas Herz klopfte wie wild. Seid Roberts von einem unbekannten umgebracht worden war, war die Polizei hinter ihr und ihren Vater, der seit Tagen spurlos verschwunden war, her. Sie machte sich Sorgen. Keiner der Freunde ihres Vaters wusste, wo er steckte.

Wahrscheinlich glaubten diese Idioten, dass sie Joe Roberts umgebracht hatte.

In ihren Träumen und Gedanken hatte sie dieses korrupte und geile Schwein jedenfalls schon ein Dutzend mal umgebracht. Doch die Wirklichkeit sah bekanntlich immer anders aus.

„Tut sie das?“, fragte sie eine Stimme.

Geena zuckte erschrocken zusammen und sah sich plötzlich mit einer Gestalt in einem schwarzen langen Ledermantel und einem schwarzen Schlapphut konfrontiert.

„Wer sind sie?“

„Keine Angst, junge Dame, ich tue ihnen nichts!“

Die Gestalt wollte sich Geena nähern, doch sie wurde dabei gestört, als „Polizei!“, und „Stehen bleiben!“ gerufen wurden.

Die Gestalt drehte sich um und fing schallend an zu lachen, als sie mit vier Polizisten konfrontiert wurde.

Die Beamten erstarrten für Sekunden. Und als sie schließlich ihre Waffen ziehen wollten, war es bereits zu spät. Ein Messer blitzte auf und bevor es sich die Polizisten versahen, lagen bereits zwei ihrer Kollegen mit durchschnittener Kehle auf dem nassen Asphalt.

Auch den anderen beiden gelang es nicht mehr ihre Pistolen abzufeuern. Den einen bohrte sich die messerscharfe Klinge mitten in die Brust, dem anderen brach ein mörderischer Schlag das Handgelenk, so dass die Waffe aus seiner Hand glitt. Ein weiterer Schlag brach ihm den Kehlkopf.

 

*******

 

„Was willst du, Walter König?“, fragte den Mafiaboss die Gestalt im völlig verdunkelten Raum.

„Wir haben ein Problem.“

„Wir?“

König nickte.

„Es gibt da eine Person, die unsere Leute umbringt.“

Die Gestalt winkte verächtlich ab.

„Du meinst den Reaper?“

„Wen?“

Die Gestalt warf die Tageszeitung auf den Tisch. König knipste die Leselampe an und betrachtete, nachdem sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatte, die Schlagzeilen der Zeitung: DER REAPER GEHT UM!

„Diese verdammten Schmierfinken“, murmelte König angewidert. „Ich habe gedacht, wir hätte diese Zeitungsfritzen alle im Sack.“

Die Gestalt schien unmerklich zuzustimmen.

„Nicht alle. Es gibt da immer noch ein paar, die ein bisschen aufmüpfig sind.“

„Und was machen wir nun mit diesen, äh, Reaper“, hakte König nach.

„Meine Leute kümmern sich um das Problem“, erklärte die Gestalt und damit war das Gespräch beendet.

 

*******

 

Geena starrte auf die Gestalt mit dem schwarzen Schlapphut, die noch immer die mörderische und blutverschmierte Klinge in ihrer behandschuhten rechten Hand hielt. Sie konnte immer noch nicht glauben, was sie gerade gesehen hatte.

„Sind sie irre?“

„Möglich“, erwiderte die Gestalt mit einem sarkastischen Hauch in der Stimme.

„Was soll das denn heißen?“

„Das, was ich gerade gesagt habe. Vielleicht bin ich irre, vielleicht auch nicht.“

Die Gestalt verstaute das Messer wieder in ihren Mantel und nahm den Schlapphut vom Kopf. Doch Geena konnte trotz aller Bemühungen kein Gesicht erkennen.

„Wer oder was sind sie eigentlich?“

„Ein Freund.“

„Das ich nicht lache“, erwiderte Geena genervt.

„Sie können später lachen, aber zuerst bringe ich sie zu ihrem Vater.“

Die junge Frau horchte auf.

„Sie wissen, wo mein Vater ist?“

Die Gestalt nickte.

„Ja, kommen sie. Ich bringe sie zu ihm.“

 

*******

 

„Wer ist das eigentlich?“, fragte Geena ihren Vater und deute auf die Gestalt, die wieder ihren Schlapphut trug.

„Ein Freund“, erwiderte Frank Taylor.

„Seit wann kennst du solche Freund. Dein sogenannter Freund ist ein verdammter Killer!“

„Sei nicht so undankbar. Er hat dich schließlich gerettet.“

„Gerettet. Er hat vier Polizisten umgebracht ....“

„Ja, hat er. Aber was glaubst du, was diese Beamten mit dir gemacht hätten, wenn sie dich gekriegt hätten? Hast du eigentlich in all den Jahren, in denen du in dieser Stadt lebst, nicht das geringste gelernt?“

Die Gestalt trat neben Taylor.

„Frank. Ich habe nicht viel Zeit. Sie sind auf der Suche nach mir. Wenn ich hier bleibe, bringe ich dich und deine Tochter in Gefahr. Ich muss gehen.“

Taylor nickte

„Und Frank.“

„Ja?“

„Keine Namen!“

„Ich werde mich daran halten. Pass auf dich auf, alter Freund“, erwiderte Taylor und Sekunden später war die Gestalt verschwunden.

 

*******

 

Walter König schaute auf die beiden Wesen, die ihn begleiteten. Sie hatten zwar menschliche Gestalt angenommen, doch der Mafiaboss wusste, dass sie keine Menschen waren.

Dem abgebrühten Mafia – Pate fröstelte es.

„Rückt mir nicht länger auf die Pelle. Findet gefälligst diesen Reaper und verschwindet endlich!“

Die Wesen blieben abrupt stehen. Für Sekunden herrschte eine gefährliche Spannung. Dann drehten sich die beiden Wesen plötzlich um und verschwanden.

König atmete erleichtert auf.

„Verdammte Bastarde“, murmelte er  und stieg in seinen Wagen, der bereits auf ihn gewartet hatte.

 

*******

 

„Öffnen sie die Tür! Polizei!“

Geena sah ihren Vater erstaunt an.

„Wie haben die uns verdammt noch mal gefunden?“

„Ich weiß nicht, aber uns bleibt nichts anderes übrig. Wir müssen die Tür öffnen!“

Frank Taylor ging zu der Tür und öffnete sie. Die beiden Polisten in Zivil zeigten ihre Ausweise und betraten den Raum.

Geena beobachtete die beiden Beamten. Als sie in die Augen einer der Polizisten blickte, sträubten sich ihr die Nackenhaare. Sie wirkten wie unergründliche schwarze Murmeln, die nichts menschliches besaßen. Doch bevor sie ihren Vater warnen konnten, war es bereits zu spät.

 

*******

 

Ralf von Haan war mit sich und der Welt mehr als unzufrieden. Er fand sein Leben einfach nur noch zum Kotzen. Doch er hatte die Chance verpasst vom fahrenden Zug abzuspringen und nun würde ihn Walter König nicht mehr gehen lassen. Er wusste zu viel. Jedenfalls nicht lebend.

Er konnte den Weg des Bösen nicht mehr verlassen, auch wenn er es gerne gewollt hätte.

Von Haan holte seinen Schlüssel hervor und wollte gerade die Haustür zu seiner Wohnung öffnen, als ihm von hinten plötzlich ein Messer an den Kehlkopf gesetzt wurde. Mit einer blitzschnelle Bewegung schnitt ihm der Unbekannte den Hals von einem Ohr zum anderen durch.

 

*******

 

EINIGE STUNDEN SPÄTER

 

„Was ist los, Frank“, fragte der Reaper. „Ich hatte doch gesagt, dass wir uns nicht mehr treffen sollten.“

Taylor nickte.

Der Reaper ging einige Schritte zurück. Irgend etwas stimmte nicht. Er spürte förmlich das Böse, dass in dieser Wohnung anscheinend eine neue Heimstatt gefunden hatte. Bevor er allerdings reagieren und sein messerscharfes Messer ziehen konnte, wurde er von hinten von Geene angesprungen, die ihn mit ihren Beinen umklammert hielt und wie wild auf ihn einschlug. Unterdessen kam Frank Taylor mit einem siegessicheren Grinsen auf den Lippen langsam auf ihn zu.

„Du bist uns in die Falle gegangen, alter Freund“, spie der ehemalige Ladenbesitzer dem Reaper mit hasserfüllter Stimme entgegen.

Der Reaper schloss für Sekunden die Augen und konzentrierte sich. Frank und Geena waren keine Menschen mehr. Irgend jemand oder irgend etwas hatte sie in Wesen des Bösen verwandelt.

Und dann handelte der Reaper. Mit einer schnellen Bewegung seines Körpers schleuderte er Geena von seinem Rücken herunter. Bevor Taylor bohrte sich bereits die Klinge des Reapers in dessen Brust. Geena schrie zornig auf. Doch mit einer schnellen Bewegung seiner Klinge beendete er das unselige Leben der Frau.

„Ruhet in Frieden“, murmelte der Reaper.

Doch die Gefahr war noch nicht gebannt, als plötzlich zwei unheimliche Wesen im Zimmer auftauchten. Der Reaper fixierte sie.

„Ihr ward das also“, murmelte er. „Ihr habt Frank und Geena auf dem Gewissen!“

Die beiden Wesen blieben nach wie vor stumm wie die Fische im Wasser. Doch der Reaper spürte das Böse, das von diesen beiden Gestalten ausging. Ein unsagbares großes Böse, was den Reaper würgen ließ.

„Ihr denkt, ihr könntet mich vernichten?“, sprach der Reaper weiter. „Euresgleichen hat mich erschaffen. Doch ich bin mächtiger und stärker geworden, als meine Erschaffer und das werdet ihr beiden jetzt am eigenen Leibe zu spüren bekommen!“

Im künstlichen Licht der Wohnung blitze für Sekunden die Klinge des Reapers auf ....

 

*******

 

Walter König wunderte sich über das Paket, das er in Händen hielt. Eine Bombe befand sich nicht daran, das war von seinen Sicherheitsleuten bereits eingehend überprüft worden. Trotzdem öffnete er vorsichtig das Paket.

Als erstes hielt er ein Kuvert in Händen. Er öffnete es und holte einen beschriebenes Blatt Papier hervor auf dem stand: „DREHT EUCH NICHT UM, DENN DER REAPER GEHT UM.“

Walter König atmete hörbar ein und aus.

Doch noch mehr stockte ihm der Atem, als er einen Schuhkarton aus dem Paket herausholte, ihn öffnete und mit dem Kopf von Ralf van Haan konfrontiert wurde.

Der Mafia – Boss schluckte. Er hatte schon viel in seinem Leben gesehen, aber noch nie einen abgetrennten Kopf. Das Gesicht war auf makabre Weise verzerrt. Die toten Augen von Haans blickten den Mafiaboss anklagend an.

König wollte nach seinen Sicherheitsleuten rufen, doch er war nicht fähig auch nur ein Wort zu sprechen, so tief saß der Schock, der seine Glieder erstarren ließ.

Der Mafiaboss verspürte plötzlichen einen leichten Luftzug, der ihm über den Nacken fuhr, doch bevor er darauf reagieren konnte, wurde ihm bereits eine Klinge an den Kehlkopf gesetzt und einer blitzschnellen Bewegung die Kehl durchgeschnitten.

 

*******

 

EPILOG

 

„Das hättest du nicht tun sollen, Leonore!“

Die Gestalt drehte sich in ihrem Ledersessel herum.

„Was?“

„Mir Deine beiden Killer auf den Hals hetzen und Frank und Geena umbringen zu lassen.“

„Wo sind die beiden?“

„Deine beiden Killer?“

Leonore nickte.

„Sie sind dort, wo sie hingehören. In den tiefsten Abgründen der Hölle. Dort mögen ihre dunklen Seelen für immer verrotten!“

„Was wirst du jetzt tun?“

Der Reaper betrachtete die Frau, die sich in ihrem Ledersessel, der eher einem Thron glich, genüsslich zurückgelehnt hatte.

„Wegen der guten alten Zeiten wegen, werde ich dir nichts tun, aber verlasse die Stadt oder ich werde es mir anders überlegen!“

Leonore erhob sich aus dem Ledersessel.

„Du wagst es mir zu drohen?“

Der Reaper lächelte sarkastisch.

„Kennst du diese Klinge?“

Die Frau nickte.

„Dann weißt du, dass ich dich jederzeit damit vernichten kann. Also zwinge mich nicht zurückzukommen!“

Der Reaper drehte sich um und verließ den Raum, die nachdenklich Leonore zurücklassend.

 

ZURÜCK