FREI

Niemand wusste, warum ich das tat, aber es fragte auch keiner danach. Ich weiß, dass es nie jemand verstehen würde, ich verstand es ja selbst kaum, aber ich war frei, im Gegensatz zu dem, der immer mit der Schuld leben wird, dass er mich getötet hat. Ich tat es nicht, weil ich einsam oder depressiv war, ich tat es, weil ich es tun musste. Wenn ich es so meinen Freunden hätte verständlich machen wollen, hätten sie mich ausgelacht. Niemand würde mich je zwingen so etwas zu tun. Das dachte ich auch immer. Ich glaubte zu wissen wer ich bin, wie ich bin und ich glaubte nicht daran, dass es jemanden gab, der mich so verändern würde. Doch da wusste ich noch nicht, dass es dich gibt, dass du mein Leben bis hin zum Tod so sehr beeinflusst. Hätte ich das gewusst, würdest du nicht wissen, dass es mich gibt. Aber vielleicht hättest du dann nicht eingesehen, was du getan hast. Ich weiß nicht wie es wäre, wenn alles anders sein würde, ich werde es auch nie erfahren, aber, auch wenn es albern und verrückt klingt, ist es gut, dass alles so ist wie es ist. Durch das, was ich mir angetan habe, Bin ich endlich wieder ich selbst geworden, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Ich war wieder ich. Für einen Augenblick vergaß ich alle Schmerzen, allen Kummer – ich vergaß dich. Du, der mir alles genommen hat, du, der mich innerlich so sehr misshandelt hat. Doch ich konnte nicht vergessen, dass du mich trotzdem geliebt hast, denn ich habe dich ja auch geliebt. Aber diese Liebe hat mich zerstört, sie hat mich dazu gebracht mir das anzutun, von dem ich mir geschworen hatte, es nie zu tun. Zum 1. Mal sehe ich Tränen in deinen Augen glitzern und dein „Ich liebe dich“ klingt so zärtlich wie ich es mir immer gewünscht habe. Es tut mir nur eins leid, dass ich dir jetzt keinen Kuss mehr geben kann, aber das war der Preis dafür, dass du nie wieder einem Menschen weh tun kannst. Wieso muss eigentlich immer erst der Tod dazu dienen, Schuld einzusehen, zu bereuen was man getan hat? Deinen letzten Blick, auf meinen schneeweißen Sarg, werde ich nie vergessen – er war voll Reue und ich weiß, dass du dir nie verzeihen kannst. Zum Abschied wirfst du 66 rote Rosen in mein Grab – meine Lieblingszahl!

 

 

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