Madame Blavatsky
Die Gründerin der Theosophischen
Gesellschaft
Madame Blavatsky kam am 12. August 1831 in
Dnepropetrowsk als Helena Petrowna von Hahn zur Welt. Es ist wohl
ihrer Herkunft zuzurechnen (ihr Vater, Oberst Peter Alexejevich
von Hahn, war ein russischer Armeeoffizier deutscher Abstimmung,
der die Schriftstellerin Helena Andrejevna de Fadejev geheiratet
hatte), dass sie bereit war, 1849 im Alter von 18 Jahren den
wesentlich älteren General Blavatsky, damals Vizegouverneur von
Eriwan, zu heiraten.
Sie ertrug diese Ehe jedoch nicht lange und
lief ihrem Mann bald davon. Sie verdiente sich ihr Geld als
Zirkusreiterin, bis sie dem Opernsänger Metrowitsch begegnete,
den sie ehelichte, ohne von ihrem ersten Mann geschieden zu sein.
Auch diese Ehe stand unter keinem guten Stern, denn schon bald
machten sich die Eheleute das Leben durch Streitereien zur Hölle.
Sie bekam zwar ein Kind von Metrowitsch, doch das konnte die
zunehmende Entfremdung der beiden nicht verhindern. Immer wieder
verließ sie ihren Mann, um z.B. als Assistentin eines Mediums zu
arbeiten, durch Indien oder Tibet zu reisen oder illegal die
nunmehr 3. Ehe mit einem Engländer zu schließen, den sie bald
darauf wieder verließ, um zu Metrowitsch zurückzukehren.
Im Juli 1871 unternahmen die beiden eine
gemeinsame Schiffsreise auf dem Dampfschiff Eumonia. Dabei
explodierte ein Heizkessel des Schiffes, das daraufhin sank.
Metrowitsch kam ums Leben, doch Helena wurde von einem Frachter
gerettet.
Sie landete schließlich in Ägypten. Die
bittere Armut, in der sie nun lebte, hielt sie nicht davon ab,
als Medium umherzureisen und nach der Unterstützung wohlhabender
Leute zu suchen. In diesem Zuge gelanget sie 1873 zuerst nach
Paris, dann nach New York, wo sie in einer Arbeiterinnenherberge
Unterschlupf fand und sich etwas Geld mit der Herstellung künstlicher
Blumen verdiente. Natürlich ging sie auch hier ihren okkulten
Ambitionen nach, die sie eines Tages auf die Farm der Gebrüder
Eddy führten. Die Gebrüder Eddy zählten damals zu den berühmtesten
der vielen aktiven Medien, daher zog es viele Okkult
Interessierte zu ihnen hin. Einer dieser Gäste war der
Rechtsanwalt, Journalist und überzeugte Spiritualist Colonel
Henry Olcott. Er zeigte sich jedoch sofort tief beeindruckt von
Madame Blavatskys angeblichen medialen Fähigkeiten, die sie in
sogenannten Erscheinungen zu demonstrieren pflegte. So gab sie
an, dass ihr der Geist ihres verstorbenen Vaters erschienen sei,
der ihr eine Medaille gezeigt haben wollte, die man ihm mit ins
Grab gelegt habe. Auch die Tatsache, dass man später herausfand,
dass es in Russland nicht üblich war, Münzen oder Medaillen in
den Sarg eines Soldaten zu legen, hielt Olcott nicht davon ob,
Blavatsky in den nächsten Jahren finanziell zu unterstützen. Er
vertraute ihr und ließ sich in seiner Loyalität auch nicht
beirren, als Madame Blavatsky eine weitere illegale Ehe mit dem
jungen Armenier Michael Bettanelly einging. Die sexuellen
Vorlieben des jungen Mannes sorgten jedoch dafür, dass Madame
Blavatsky die Ehe bald wieder lösen ließ und zu Olcott zurückkehrte.
Am 7. September 1875 besuchten sie eine
Vorlesung über die okkulte Bedeutung der ägyptischen Pyramiden.
Olcott zeigte sich besonders von der Behauptung angetan, dass
mittels geometrischer Formeln Geister heraufbeschworen werden könnten.
Sollte man nicht eine Gesellschaft gründen, die sich mit
diesen Dingen auseinandersetzt? fragte er Madame Blavatsky,
die sich von dieser Idee ausgesprochen begeistert zeigte. Bereits
13 Tage später teilte sie einem Zeitungskorrespondenten mit:
...Olcott gründet in New York die Theosophische
Gesellschaft. Zu ihren Mitgliedern werden gelehrte Okkultisten zählen
... sowie Altertumsforscher und Ägyptologen. Wir wollen
versuchen, zwischen dem Spiritualismus und der Magie unserer
Altvorderen vergleichende Experimente anzustellen, indem wir die
Anweisungen der Kabbala wortgetreu befolgen...
Das griechische Wort Theosophie heißt
Gottesweisheit und war im 17. Jahrhundert als
Bezeichnung für eine mystische Religionsauffassung geprägt
worden. Olcott und Blavatsky übernahmen nun diesen Begriff für
ihre spiritistische Gesellschaft und stifteten damit einige
Verwirrung, denn die in dem Schreiben erwähnten Experimente
waren sehr eigenartiger Natur. So setzten die Theosophen einmal
eine Katze unter schwachen Strom, worauf sie sich etwas in die
Luft erhob. Daraus schlossen sie, dass Levitation ein
elektrisches Phänomen sei und erhöhten die Stromstärke in der
Hoffnung, dass die Katze dann Schwerelosigkeit erlangen würde.
Das Tier starb qualvoll...
Angesichts solch unsinniger Versuche
verwunderte es kaum, dass die neue Gesellschaft kaum Mitglieder
anzog und zwei Jahre nach ihrer Gründung bereits im Auflösen
begriffen war. Etwas mußte geschehen, um das noch zu verhindern.
Und es geschah in Form plötzlich
beginnender astraler Niederschriften, wie Olcott
Blavatskys seltsam abwesende Schreibanfälle nannte. So entstand
das Hauptwerk Die entschleierte Isis, das 1877
erschien.
Dieses Werk wirkte auf den ersten Blick für
normale Leser sehr eindrucksvoll und schien von einer
hochintelligenten Autorin zu stammen. Erst die genauere
Untersuchung des amerikanischen Gelehrten W.E. Coleman brachte
zutage, dass nicht weniger als 2000 Textpassagen Plagiate aus
anderen Büchern darstellten.
Jedenfalls wurde Die entschleierte
Isis zwar nur ein mäßiger Erfolg, doch er reichte aus, um
der Theosophischen Gesellschaft öffentliche
Beachtung zu sichern.
Dass dies nicht nur positive Folgen hatte,
erfuhren Olcott und Blavatsky, als 1878 D.D. Home ein Buch
herausbrachte, dass Madame Blavatsky heftig angriff und viele
unerfreuliche Informationen über sie enthielt.
Sie war derart darüber erbost, dass sie und
Olcott beschlossen, nach Indien zu reisen.
Dort hatte die Theosophische
Gesellschaft erstaunlichen Erfolg, sowohl bei Einheimischen
als auch bei den dort lebenden Briten. Einer davon war der
bekannte Journalist A.P. Sinnett, der in der folgenden Zeit einen
regen Briefwechsel mit den angeblichen spirituellen Lehrern
Blavatskys, ominösen indischen Mahatmas, führte. Sinnett, der
sich mittlerweile offen zum Spiritualismus bekannte, schrieb als
Folge des Briefwechsels zwei Bücher, die sich auch recht gut
verkauften.
Schon bald entstanden in England, Frankreich
und anderen europäischen Ländern Ableger der Theosophischen
Gesellschaft.
1884
kamen Blavatsky und Olcott nach Europa, um sich ihren Anhängern
zu zeigen. In London besuchten sie mit einigen indischen
Theosophen auch die Gesellschaft für Parapsychologie (SPR)
und berichteten über okkulte Wunder, denen sie beigewohnt hatten.
Die SPR blieb misstrauisch und sandte einen Ermittler nach
Indien, um dort der Sache auf den Grund zu gehen. Sein Bericht
war vernichtend. Er urteilte, dass alle sogenannten Wunder
durchweg Taschenspielertricks und die angeblichen Mahatma-Briefe
Fälschungen waren.
Diese Kritik hatte jedoch keinen Einfluss
auf den Erfolg der Theosophischen Gesellschaft.
In den nächsten Jahren blieb Blavatsky
hauptsächlich in England, wo sie vor ihren zahlreichen Anhängern
Vorlesungen hielt und umfangreiche okkultistische Essays und
Artikel veröffentlichte.
Madame Blavatsky starb 1891 nach schwerer
Krankheit, doch ihre Werke haben bis in die heutige Zeit hinein
Einfluss auf das Verständnis der Menschen für das Okkulte. So
war zum Beispiel Mahatma Ganghi als junger Anwalt in Südafrika
stark vom theosophischen Gedankengut beeinflusst und die Theosophische
Gesellschaft besteht noch immer.
c) 07.01.2001
Katrin Glase