Frank Black
Chapter II
"Bad Blood"
Sie sprach mich
in Pedros Bar an und ich ging mit. Sie führte mich aus der Bar und den hell
erleuchteten und belebten Boulevard entlang. Einige Geschäfte waren noch
geöffnet, aus Kneipen drang Musik und Menschen schlenderten herum, betrachteten
die Auslagen oder saßen in Straßencafes. Die Nacht war lebendig. Ihr Arm
schlang sich um meine Hüfte und das Mädchen drängte sich an mich. Wir sahen uns
in die Augen und fast hätte ich sie geküßt. Ich hatte das Gefühl, mein altes
Leben wäre zurück, und ich war versucht, sie zu einer Tasse Kaffee oder einem
Drink einzuladen. Viele angenehme Nächte hatten schon so angefangen.
Jemand rempelte
uns an. Mein Rucksack wurde mir hart in den Rücken gedrückt. Die Spitzen, die
ich schmerzhaft durch das Gewebe spürte, holten mich schlagartig in die
Realität zurück. Fast wäre ich ihrer Magie erlegen gewesen.
Wir lösten uns
voneinander und schlenderten wie viele andere Pärchen den Boulevard hinunter.
Nach und nach wurden die Menschen um uns herum weniger, die Beleuchtung
spärlicher und die Schatten länger und dunkler. Wir waren mehrfach in einige
Seitenstraßen abgebogen und hatten uns so in eine ziemlich verwahrloste,
finstere, schmutzige Gasse bewegt.
Langsam machte
sich Verwunderung in mir breit. Was sollte das alles, die letzte Party war in
einem anderen Viertel gewesen. Was hatte sie vor? Ich beschloss abzuwarten, wie
sich die Ereignisse entwickeln würden.
Sie wandte sich
mir zu. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Ich blickte ihr tief in die Augen
und senkte meinen Kopf zu ihr hinunter. Unsere Lippen berührten sich. Meine
Zunge suchte ihren Weg in ihren Mund. Wir schlangen unsere Arme ineinander und
versanken in der Leidenschaft. Ich
presste sie fest an mich, ich spürte mein und ihr Verlangen. Ich begann, die
Knöpfe ihrer Bluse zu lösen. Ihr Kopf neigte sich zur Seite und ihre heißen
Küsse bedeckten meine Hals. Ich verspürte plötzlich ein Gefühl, dass mir
bekannt erschien. Ein leichten Stechen in meinem Hals und dann diese saugende
Empfindung. Ich erwachte schlagartig aus der Trance und nahm die Umgebung in
heftigen und grellen Farben wahr. Im selben Moment stieß mich das Mädchen
zurück.
"Du bist
einer von uns", schrie sie, "Du hast schlechtes Blut!"
Meine Arme waren
weiter um sie geschlungen. Ich versuchte sie festzuhalten, und gleichzeitig aus
meinem Rucksack mein Werkzeug hervorzuholen. Ihr Gezappel und ihre
Befreiungsversuche behinderten mich in der Ausführung jeglicher meiner schon
einmal wohldurchdachten Pläne. Sie versuchte mit aller Gewalt ihr Gesicht an
meinen Hals zu bringen, obwohl sie wissen musste, dass es sinnlos war. Man
konnte sich nicht gegenseitig aussaugen. Nach all dem Gerangel stand sie mit
dem Rücken zu mir und versuchte mit aller Gewalt freizukommen. Ihre langen
Fingernägel fuhren durch mein Gesicht und hinterließen tiefe, blutende
Schluchten. Mit einiger Mühe konnte ich sie festhalten und ich setzte einen
Pflock unter ihrer linken Brust an. Da ich an den Hammer nicht herankam, versuchte
ich den Pflock mit bloßen Händen hineinzudrücken.
Das Ergebnis war
entsetzlich.
Langsam drang
die Spitze zwischen zwei Rippen in ihren Brustkorb ein. Fürchterliches
Kreischen drang aus ihrem Mund. Schmerzensschreie, vermischt und unterbrochen
durch wütende Verfluchungen und Rachedrohungen brachen sich an den hohen Wänden
der Gasse und wurden mehrfach wie Echos hin- und hergeworfen. Eine Kakophonie
des Schreckens und der Gewalt. Eine Fontäne schwarzen Blutes schoss aus ihrem
weit geöffneten Mund und ihre Schreie erstickten. Ihre wilden
Befreiungsbemühungen ließen nach und in meinen Armen erschlaffte sie langsam.
Ich ließ sie los und sie glitt an mir herab auf den von Blut benetzten Asphalt.
Sie lag auf dem Rücken, ihr Gesicht sah trotz des vielen Blutes wieder
friedlich und mädchenhaft aus. Ich ließ mich von der Ruhe nicht täuschen. Das
Mädchen war noch nicht endgültig tot. Ich musste mein blutiges Werk zu Ende
bringen, sonst würde ich vor ihr keine Ruhe haben.
Ich zog sie in
den Schatten einiger Müllcontainer und legte sie der Länge nach hin. Dann
öffnete ich den Kragen ihrer Lederjacke und legte ihren Hals frei.
Ein kleiner
glitzernder Gegenstand rutsche aus ihrem Kragen ins Genick. Ich griff hinter
ihren Kopf und zog ein kleines Amulett hervor, welches an einer filigranen
silbernen Kette um ihren Hals hing. Ich hatte dieses Symbol noch nicht gesehen.
Es bestand aus einem silbernen Ring, darin ein golden schimmerndes schmales
Kreuz, welches im Zentrum einen blutroten Stein gefasst trug. Ich drehte die Kette um ihren Hals, um
den Verschluss zu finden und zu öffnen. Es dauerte einige Zeit und mir wurde
bewusst, dass ich die Kette mindestens schon zweimal herumgedreht haben musste.
Ich versuchte es ein weiteres Mal, um sicherzugehen, dass ich nicht einen sehr
feinen Mechanismus übersehen hatte. Aber es war nichts zu finden. Allerdings
war die Kette auch viel zu kurz, um über den Kopf gestreift zu werden. Ich
würde sie zerreißen müssen.
Ich steckte zwei
Finger hinter die Kette und zog mit einem kurzen Ruck. Ich handelte mir zwei
schmerzhafte Wunden an den Fingern ein, als die Kette meinem Versuch unerwartet
widerstand. Also beschloss ich, die Kette nachher an mich zu nehmen, wenn ich
das Mädchen endgültig getötet hatte. Ich schob das Amulett so hoch es ging an
ihr Kinn und zog aus meinem Rucksack die lange, polierte Klinge. Ich holte zum
endgültigen Schlag aus.
Blaues
flackerndes Licht brach sich an den Hauswänden und gab den Schatten eine noch
unheimlichere Farbe. Die Lichtblitze und das Geflacker wurden stärker und kamen
näher. Ein durchdringendes Heulen, ein auf- und abschwellendes Jaulen
durchdrang die Nacht und erstarb urplötzlich.
Der
Streifenwagen hielt dicht neben dem Mädchen und zwei Beamte stiegen aus. Ich
hatte mich in die dunklen Schatten hinter den Containern und Müllbergen
zurückgezogen und beobachtete die Szenerie durch eine kleine Ritze. Die
Polizisten waren neben den Körper getreten und einer hockte sich gerade neben
sie. Beide unterhielten sich leise und schüttelten ungläubig und fassungslos
die Köpfe. Einer berührte den Holzpflock in der Brust des Mädchens. Ich ballte
meine Fäuste und biss wütend die Zähne zusammen. Ich hatte mein Werk noch nicht
vollenden können und hoffte inständig, dass keiner der beiden Cops auf eine
dumme Idee käme. In diesem Moment packte er zu und riss das Holz aus der Wunde.
Ein Blutschwall folgte und benetzte ihn von oben bis unten. Fluchend wollte er
aufspringen doch die rechte Hand des Mädchens schnellte hoch und packte ihn an
der Kehle. Ihre spitzen Fingernägel bohrten sich in seine Haut und das
darunterliegende Gewebe. Schreiend versuchte der Polizist ihre Hand von seinem
Hals zu lösen. Mit einem Ruck riss sie ihre zur Klaue geformten Finger zurück
und mit ihnen den Kehlkopf des Cops. Dieser kippte röchelnd nach hinten und
starb leise. Sein Kollege erwachte aus seiner Erstarrung und begann nervös an
seinem Pistolenholster zu nesteln. Das Mädchen erhob sich und ging langsam und
mit wiegenden Hüften auf ihn zu. Er hörte auf, an seiner Waffe herumzufummeln
und ließ die Hände kraftlos herunterfallen. Lächelnd trat sie an ihn heran und
legte beinahe zärtlich die Hände um seinen Hals und neigte sanft seinen Kopf
zur Seite. Ihre Zähne bohrten sich tief in seinen Hals. Willenlos ließ er alles
über sich ergehen, nein, er lächelte sogar verzückt.
Ich stand auf
und trat mit der Klinge in meiner Rechten aus den Schatten. Das Mädchen wandte sich mir zu ohne den
Polizisten freizugeben. Wie eine Marionette hing er schlaff in ihren Armen,
nicht einmal in der Lage, gegen ihren Willen zusammenzubrechen. Sie lächelte
mich einladend an, doch ich war auf der Hut. Ich hob die Klinge zum Schlag und
trat näher. Ihre Rechte bewegte sich zum Hals des Polizisten und ehe ich etwas
unternehmen konnte, öffnete sie mit einer blitzartigen Fingerbewegung eine Ader
am Hals des Cops.
Der Anblick des
langsam fließenden Blutes verunsicherte mich. Mein Leib verkrampfte sich und
schrie wütend nach Nahrung. Die
Umgebung wurde blass. Meine gänzliche Wahrnehmung wahr auf diesen kleinen,
stetigen, lebendigen Strom an der
Kehle des Mannes gerichtet. Ich konnte das Blut riechen. Ich konnte es mit
kontinuierlichem Rauschen aus der Wunde austreten hören. Es gab nur noch eines
für mich.
Blut.
Ich brauchte es
zum Leben. Ich brauchte es mehr als die Luft zum atmen. Ich wollte nur noch
trinken. Ich ließ die Klinge fallen und senkte meine Zähne in den Hals des
Polizisten. Und ich trank.
Die Welt wurde
hell und schön. Die Schatten lösten sich langsam auf und verschwanden. Der Mond
lachte mir vom Himmel zu. Die Sterne funkelten. Die Nacht begrüßte mich als
einen der ihrigen. Ich wurde zu einem wahren Kind der Nacht.