Frank
Black
Chapter
X
And
the dark light entered
In der Nacht
zuvor (SHADOWS IV – V)
Mariana kannte
die drei Kerle genau, die in diesem Moment die Bar betraten. Der Meister hatte
seinen Bluthund mit zwei von dessen Helfern auf den Weg geschickt, um Frank und
sie zu schnappen und zu vernichten.
Mariana begann
sich den Kopf zu zerbrechen, was an Frank so wichtig war, dass der Meister
solche Gestalten nach ihm suchen ließ. Die Kerle rissen beim Eintreten ihren
üblichen Polizistenwitz und schlichen wie Katzen zwischen den Stühlen und
Tischen hindurch. Als plötzlich einer der Gäste mit einem Colt in der Faust
aufsprang, war nur eine schnelle Bewegung nötig, ihm das Hirn davonfliegen zu
lassen. Durch die unbedachte Tat dieses Idioten wurde noch eine weitere junge
Frau zur bloßen Demonstration der Macht ins Jenseits befördert.
Nun war der
Bluthund am Tisch von Mariana und Frank angekommen und musterte spöttisch die
Sitzenden.
„Schön,
Mariana, dass du uns den Kerl so gut präsentieren kannst. Der Meister wird
zufrieden sein mit deiner Arbeit.“
Zu Frank
gewandt fuhr er höhnisch fort: „ Trau niemals einer Frau, früher oder
später wird sie dich immer hintergehen.“
Er lud seine
Waffe nach und schwenkte sie in der Richtung der beiden Sitzenden.
„So, jetzt
ist genug gelabert, aufstehen und mitkommen.“
Die Waffe
deutete eine gewisse Überlegenheit an, also standen Mariana und Frank auf, um
zum Ausgang vorauszugehen. Die Killer folgten ihnen mit nunmehr offen angelegten
Waffen. Die überlebenden Gäste der Bar waren zu Statuen erstarrt und
verfolgten den Weg der Opfer und ihrer Entführer ohne jegliche Regung.
Im Freien
angekommen, versuchte Mariana halbherzig, Frank von ihrer Unschuld zu
überzeugen, aber jegliche Entschuldigung wurden bereits im Ansatz durch die
drohenden Waffen erstickt.
Frank begann
unterdessen eine Disput mit dem Anführer der Bande, scheinbar in der Absicht,
diesen zu unkontrollierten Gewalttaten zu provozieren. In einem kurzen Moment
der Unaufmerksamkeit setzte Frank dem Chef einen Tritt unter das Kinn und
stürzte sich auf den Nebenmann.
„Lauf,
Mariana! Verschwinde!“
Aus einer Art
Trance erwachend, wandte sich Mariana zur Flucht. In ihrem Lauf drehte sie sich
um, und konnte den Bluthund mit gezückter Waffe Frank gegenüber stehen sehen..
Einer der beiden Mitläufer löste sich aus der Gruppe und begann sie zu
verfolgen. Sie begann zu rennen. Weinend breitete sie ihren schwarzen Schwingen
aus und erhob sich in die Nacht. Dann blickte sie noch einmal kurz zurück.
Eine Explosion
aus der Waffe des Anführers traf Frank in die Brust und warf ihn um. Nun war
alles vorbei.
Hinter ihr
konnte sie das Tappen schwerer Stiefel und letztendlich auch das leise Entfalten
von ledernen Schwingen hören. Ihr Häscher war viel zu dicht hinter ihr.
Sie begann
Haken zu schlagen und die Schatten zu suchen, aber der keuchende Atem des
Jägers blieb ihr stets im Nacken.
Endlich, nach
einigen weiteren Kurven und Finten spürte sie plötzlich den harten Griff ihres
Verfolgers an ihren Sprunggelenken. Ein heftiger Ruck ließ sie herumwirbeln und
einen Moment im Schwung ihrer Flügelschläge orientierungslos taumeln. Diesen
kurzen Augenblick der Wehrlosigkeit ließ sich der Mann nicht entgehen und
packte Mariana fester an den Beinen. Trotz heftiger Gegenwehr und energischer
Fußtritte, die allerdings durch den harten Griff ihres Verfolgers zur
Wirkungslosigkeit verdammt waren, konnte sie sich der Umklammerung nicht
entziehen. Langsam, aber unablässig wurde sie dem Boden entgegen gezerrt. Dort
angekommen warf der Typ Mariana mit einem kurzen harten Ruck auf den Asphalt.
Herausfordernd baute er sich vor ihr auf. Seine ledrigen Schwingen ließ er
lässig mit den Spitzen auf den Boden hängen.
Mariana
hingegen faltete ihre zusammen und drehte sich auf den Rücken. Auf die
Ellenbogen gestützt, sah sie zu ihrem Gegner auf.
„Was wollt
ihr von uns, ihr Mörder, warum musstet ihr Frank töten? Warum musste der
Meister ausgerechnet die schlimmsten Jäger nach ihm ausschicken. Er hat euch
doch nichts getan.“
„Das spielt
keine Rolle“, unterbrach sie der Killer, „dein, wie hieß er noch, Frank,
ist eine potentielle Gefahr für den Meister, sagt er jedenfalls. Dog und Murphy
werden deinen neuen Freund jedenfalls zum Meister bringen. Egal in welchem
Zustand. Der Meister hat befohlen, kein Risiko einzugehen und ihn beim
geringsten Widerstand zu töten, aber ich glaube, der Meister überschätzt
diesen Yuppie, der kaum eine Nacht einer von uns ist. Aber wir werden trotzdem
kein Risiko eingehen, wie du vielleicht noch sehen konntest.“
Bedrückt gab
Mariana dem Mann innerlich recht. Hatte sie doch als letzten Anblick Frank in
einer Wolke aus präparierten Geschossen zu Boden gehen sehen. Und sie hatte
schon gesehen, welche Wirkung diese grausamen Waffen auf Angehörige ihrer Art
hatten. Die Bluthunde des Meisters machten keine halben Sachen, wenn sie den
blutigen Befehlen des Meisters folgten. Allerdings musste der Meister Frank
wirklich fürchten, wenn er gleich Dog selbst schickte, und nicht nur einen oder
zwei seiner Leute. Frank hatte keine Chance, also würde wenigstens sie ihre
kleine nutzen müssen.
Langsam
richtete sie sich auf und erhob sich. Schwankend kam sie auf die Füße und trat
dem Handlanger des Meisters gegenüber. Dieser ballte die Fäuste und stellte
sich spöttisch in der Pose eines Boxers auf. Mit ein Paar schnellen Kicks
hoffte Mariana ihren Gegner zumindest so sehr zu überraschen, das ihr die Zeit
zur Flucht blieb. Aber schon der erste schnelle Tritt wurde abgefangen, und nach
einem Gegentritt in ihr Standbein fiel sie wieder hart auf den Straßenbelag
zurück.
„So nicht,
Baby“, grinste die Silhouette über ihr, „wenn du mich flachlegen willst,
musst du schon andere Tricks auspacken.“
Mariana
erwiderte nichts. Keuchend war sie damit beschäftigt, nach dem harten Fall
wieder zu Atem zu kommen. Mühsam erhob sie sich wiederum.
„Ich
schätze, du kommst jetzt mit, sonst muss ich wirklich böse werden.“ Der Mann
unterstrich seine Worte durch einen finsteren Gesichtsausdruck, der nun
klarstellen sollte, dass die Zeit der Späße vorbei sei. Von nun an würde es
weh tun, dass wusste Mariana. Trotzdem zermarterte sie ihr Hirn auf der Suche
nach dem kleinen Trick, der ihr Entkommen bedeuten würde. Da ihr nichts
einfallen wollte, beschloss sie, sich vorerst in ihre Lage zu fügen.
„Also gut,
bring mich zum Meister,“ sagte sie zu ihrem Fänger, „ ich würde wirklich
zu gerne erfahren, warum der Meister solch panische Angst vor Frank hatte.“
„Dann komm,
der Meister wird deinen Wissensdurst schon stillen, bevor er dich in die Sonne
stellt, oder was auch immer er zu tun gedenkt. Folge mir, und keine Tricks.“
Der Häscher
wandte Mariana den Rücken zu, und ging in langen Schritten die Straße
hinunter. Einige Sekunden spielte Mariana mit dem Gedanken, dem Kerl auf den
Rücken zu springen und ihm irgendeinen spitzen Gegenstand, wenn möglich aus
Holz, zwischen den Rippen hindurch, ins Herz zu bohren.
„Denk nicht
mal dran,“ ohne sich umzudrehen, sprach der Bluthund seine Worte im
weitergehen, „ich kann deine Emotionen spüren, und jeden Hinterhalt werde ich
bemerken, bevor du ihn zu Ende geplant hast. Und dann wirst du bezahlen,
natürlich nicht mit deinem Leben, denn der Meister will dich. Aber er hat mir
nicht verboten, dich ein wenig zu beschädigen.“
Mariana konnte
sein Grinsen fast auf seinem Hinterkopf sehen. Die Kälte seiner Gedanken ließ
sie erschauern. Seine Empfindungen lagen genau so offen vor ihr, wie er die
ihrigen spürte. Die Emotionen der Kinder der Nacht waren eng verbunden. So nah
beieinander und mit solch starken Erregungen lagen ihre Gedanken fast offen
voreinander. Nur mit Mühe konnte Mariana ihr kleines Pflänzchen der Hoffnung
vor den gierigen Gedanken ihren Gegners schützen. Vor ihr hingegen lag
ausgebreitet eine ganze Palette von Wut, Gewalt und Dunkelheit. Mariana
schauderte bei diesen vor ihr liegenden Gefühlen. Die schlimmste gemeinsame
Wahrnehmung war allerdings der Tod eines der Ihrigen, dieser wühlte sich wie
ein Erdbeben durch die Gedanken der Angehörigen. Bei diesem Gedanken stutzte
Mariana, denn sie hatte solch eine Emotion bei ihrer Flucht nicht gespürt.
Hatte Frank den Schuss überlebt ?
Unmöglich, sie
hatte schließlich selbst gesehen, wie die Wolke der präparierten Geschosse
sich ihren Weg in Franks Körper gebahnt hatten. Aber selbst in ihrer größten
Panik hätte ihr dieser Schock nicht entgehen können. Das kleine Pflänzchen
der Hoffnung bekam ein weiteres zartes Blättchen.
Im selben
Moment traf der Hammer des Todes Opfer und Verfolger gleichermaßen. Ein Schlag,
der in ihren Bewusstseinen Verwirrung stiftete. Einer ihrer Art war jetzt
gestorben. Mariana hüllte ihr Bewusstsein in tiefe Resignation, denn das konnte
nur bedeuten, das Frank nun tot war. Der Killer, dem die Situation natürlich
nicht entgangen war, reckte triumphierend seinen Körper und drehte sich zu ihr
um.
„Nun, meine
Kleine, ich schätze jetzt kommt keiner mehr, der dich vor dem bösen Wolf
schützt.“ Ein verächtliches Grinsen erlaubte sich einen kurzen Ausflug auf
seine Lippen. Bevor der Mann allerdings Mariana erreichte, brach ein weiteres
Gewitter über ihre Hirne herein. Es war ein solcher Hieb, wie sie ihn in ihrer
relativ kurzen Zeit als Nachtbewohner noch nicht verspüren musste. Beider
Gedanken sprangen aus den gewohnten Gleisen und schwirrten wild umher. Sie
hatten jegliche Kontrolle über ihren Geist verloren. Dies war ein Zeichen, das
ein Angehöriger ihrer Rasse starb, der bereits viele Jahre überlebt hatte. In
der Stadt war nur Dog selbst so alt, neben dem Meister natürlich. Er war einer
der frühesten Rekruten des Meisters, nachdem dieser in die Stadt gekommen war.
Der Meister hatte diesen unbedeutenden Gangster als erste Mahlzeit ausgewählt,
eher der Not gehorchend, denn aus geschmacklichen Erwägungen, und dieser hatte
sich als kalter, dankbarer und gehorchender Untertan erwiesen. Mit der Zeit
hatte Dog eine Effizienz und Grausamkeit entwickelt, begleitet von einer
unbedingten Hörigkeit gegenüber dem Meister, so dass er zu einem
unverzichtbaren Werkzeug bei der Erhaltung und Erweiterung der Macht geworden
war.
Was war
geschehen? In den wabernden Fetzen ihrer gelähmten Hirne breiteten sich bei
Mariana und ihrem Peiniger die gleichen Erkenntnisse rücksichtslos aus.
Dog ist tot -
also musste Frank am Leben sein, denn wer sonst könnte ihn getötet haben?
Der Spürhund,
plötzlich seines Leitwolfes beraubt, erfasste als erster die Situation und
begann mit brutaler Gewalt auf die fassungslose Frauengestalt einzuschlagen.
„Dog ist tot“,
brüllte er, dass ihm der Geifer aus dem Mund spritzte, „dafür wird Frank
zahlen, dass schwöre ich, bei meiner verlorenen Seele. Ich werde ihn in Stücke
reißen. Dog, ich werde dich rächen.“
Tränen traten
dem harten Mann in die Augen. Er bleckte seine spitzen Zähne und sein Gesicht
war von Wut und Trauer verzerrt. Mariana konnte deutlich die Einsamkeit und
Verlorenheit seiner Gedanken spüren, wie bei einem Welpen, der plötzlich seine
Mutter verloren hat. Dieser Mann hatte mehr als seinen Boss verloren, er war nun
allein und orientierungslos. Und damit extrem gefährlich. Allerdings waren
Marianas Hoffnungen zurückgekehrt, denn sie teilte die Annahme dieser Kreatur,
dass Frank Dog getötet haben musste. Wie auch immer er den Angriff überlebt
hatte, und dann des Meisters besten Killer überwältigen konnte. Vielleicht
hatte der Meister mit seinem Misstrauen doch nicht übertrieben, und Frank
besaß besondere Kräfte, die ihn ihresgleichen überlegen machte.
Mariana
entspannte ihren durch die Schläge verkrampften Körper und begann sich ein
weiteres Mal mühevoll zu erheben. In den Augen ihres Gegners erschien ein
gefährliches Funkeln und er zeigte seine Zähnen in einem breiten humorlosen
Grinsen.
„Mit dir
werde ich anfangen, du verdammte Schlampe, du bist an allem Schuld. Du hast
diesen Kerl zu unserer Party geschleppt, obwohl genug Blut bereit war und der
Meister verboten hatte, wahllos Leute von der Straße zu sammeln. Du hast diese
verdammte Plage über unsere Rasse gebracht, ich werde dich töten, egal was der
Meister befohlen hat.“
Mit verzerrten
Gesicht und zu Klauen verkrampften Fingern schritt der Killer langsam auf
Mariana zu. Sie begann langsam zurückzuweichen, spürend, dass die Situation
ihrer Kontrolle entglitt, falls sie jemals etwas unter Kontrolle gehabt hatte.
Sie fühlte das kalte Verlangen zu töten, dass in ihr Gehirn sickerte. Dieser
Mann war jeglichen Befehlen des Meisters entglitten und in seinen Gedanken
herrschte nur noch die Gier nach blutiger Rache. Mariana rechnete sich wenig
Chancen aus zu überleben, aber wenigstens würde sie sich teuer verkaufen.
Der erste
Schlag kam unerwartet. Locker aus dem Handgelenk, wie eine beiläufige Geste
prallte eine mit Wut gepanzerte Faust an ihre linke Schläfe. Sterne leuchteten
vor ihren aufgerissenen Augen auf und ehe ihr Hirn den Befehl zur Gegenwehr an
ihre gelähmten Muskeln senden konnte, traf sie eine weitere wütende Faust im
Gesicht und schleuderte ihren Körper rücklings von den Füßen. Instinktiv
rollte sich ihr Körper in die embryonale Schutzhaltung und erwartete stumm den
weiteren Ansturm.
„Na, na, wer
wird denn hier eine Frau schlagen.“
Eine leise,
trotzdem bannende tiefe Stimme tönte aus dem Schatten der Gebäude. Der
Spürhund verharrte in ausholender Haltung und brach schluchzend zusammen. Auch
Mariana durchlief ein Beben, als sie die Stimme mehr fühlte, denn hörte, und
die unglaubliche Präsenz wirkte.
Eine
hochgewachsene, dünne Gestalt wurde im Halbdunkel sichtbar. Selbst in der
Dunkelheit der Schatten hob sich die Silhouette durch eine noch intensivere
Finsternis hervor. Es schien, als würde die absolute Schwärze des Umhanges
selbst das spärlichste Licht gnadenlos in sich aufsaugen. Der Nahende war nur
durch seine Undurchsichtigkeit überhaupt wahrzunehmen.
Mariana und ihr
Gegner waren in zusammengekrümmten Haltungen erstarrt, unfähig, mehr zu tun,
als der kommenden Dinge zu harren.
Die Person trat
näher. Ihre pulsierende Macht wurde für die am Boden Liegenden zu einer kaum
zu ertragenden Pein. Der Spürhund begann zu wimmern und sein Gesicht zu immer
abstoßenderen Grimassen zu verzerren. Blutiger Geifer lief aus seinem Mund als
er sich mit seinen spitzen Fängen die Lippen zerfleischte. Sein Körper wurden
von den eigenen todbringenden Klauen mit tiefen Wunden übersät. Mit einen
langgezogenen, gequälten Schrei brach sich endlich die Seele ihren Weg aus dem
Körper und bebend kam der tote Leib nach wenigen Augenblicken zur Ruhe.
„Schwächling,“
murmelte die schwarze Gestalt. Schmale weiße Hände schoben eine Kapuze zurück
und ein bleiches altersloses Gesicht wurde enthüllt. Ein dünnes Lächeln
strich über dessen Züge, bevor der Ausdruck wieder hart und berechnend wurde.
Der Meister war
gekommen, um seine Angelegenheiten selbst in die Hände zu nehmen.
„Mariana,
mein Liebling, steh doch auf. Ich hoffe, der brutale Kerl hat dir nicht weh
getan.“
Die süßen
Worte drangen in Marianas Gehirn und in ihrem geschundenen Körper breitete sich
eine wohltuende Wärme aus. Beruhigt streckte sie sich aus und erhob sich fast
geschmeidig, eingedenk der Misshandlungen, die sie soeben noch zu erdulden
hatte.
Der Meister
streckte einladend seine feingliedrige Hand dem Mädchen entgegen.
„Komm mit,
Mariana, ich brauche dich noch.“
Lächelnd
folgte Mariana dem Meister in die Gassen, wie ein kleines Mädchen ihren Vater.