Blind Date
Als Treffpunkt hatten sie ein kleines französisches Restaurant
und als Erkennungszeichen eine schwarze Rose verabredet. Und nun
wartete er an einem kleinen, weißgedeckten Tisch und starrte in
die Kerzenflamme. Seit dem kurzen Telefonat ging ihm ihre Stimme
nicht mehr aus dem Kopf und er wartete gespannt darauf sie
endlich zu sehen. Von Zeit zu Zeit betraten Frauen den Raum, aber
sie steuerten fremde Tische an. Seine Ungeduld wuchs und er
blickte auf seine Uhr. Sie war bereits vierzig Minuten zu spät.
Als er gerade überlegte, ob er überhaupt noch warten sollte,
sah er sie.
Sie trug ein langes, schlichtes, schwarzes Kleid, welches wie
eine zweite Haut um ihren Oberkörper, Taille, Hüften, Arme und
ihre Handgelenke saß. Als sie an den Tisch trat, legte sie eine
schwarze Rose auf ihren Platzteller. Ihre Haut war von einem
porzellanhaften Weiß und in ihrem Gesicht, das von langem
schwarzen Haar umrahmt wurde, war allein der Mund dunkelrot
geschminkt. Sie erschien ihm, wie nicht von dieser Welt.
Kindlich, aber doch betörend und etwas, was er nicht beschreiben
konnte. Ein Zauber, der sie umgab.
Sie nahm ihm gegenüber Platz und schaute ihn aus großen dunklen
Augen an. Nervös lächelnd fragte er sie, was sie trinken wolle
und sie enschied sich für Rotwein. Was auch sonst, dachte er und
bestellte eine Flasche und zwei Gläser. Sie unterhielten sich,
vielmehr er sprach und sie hörte ihm zu. Hier und da unterbrach
ihr Lachen seine Erzählungen und er versank in ihren Augen. Wenn
sich ihre Hände zufällig trafen, bekam er eine Gänsehaut. Er
bemerkte nicht, dass er 3/4 der Flasche leerte, während ihr Glas
nahezu unberührt blieb.
Übersah den leichten Ruck, der durch ihren Oberkörper ging und
das Aufblitzen in ihren Augen, als er sich an den Dornen der Rose
stach, die er abwesend in seinen Händen hielt. Und ihre
zitternde Hand, als sie ihm ihre Serviette reichte, um das Blut
von seinem Finger zu wischen. Er wusste nicht, wie viel Zeit
vergangen war, als ihm endlich auffiel, wie wenig sie sagte und
dass er eigentlich noch gar nichts von ihr erfahren hatte. Als er
ansetzen wollte, sie nach ihrem Leben zu fragen, unterbrach sie
ihn und meinte, sie müsse nun gehen. Hastig stand sie auf und es
erschien ihm wie eine Flucht, als sie aus dem Restaurant lief. Er
warf schnell ein paar Geldscheine auf den Tisch und eilte ihr
nach.
Als er auf die Straße trat, sah er sie zum verlassenen Hafen
laufen und bald schon hatte er sie bis auf wenige Meter eingeholt.
Sie hörte ihn hinter sich rufen und blieb stehen, drehte sich
langsam um. Wie sie dort stand, nach Atem ringend, mit
windzerzaustem Haar, die Hände
abwehrend gehoben, sah sie noch schöner und begehrenswerter aus.
Er konnte sich nicht erklären, wovor sie so große Angst hatte
und während er näher trat, sprach er beruhigend auf sie ein. In
ihren Augen wechselten Panik und etwas nicht deutbares. Er wollte
sie nur
beschützen und so legte er seine Arme um sie. Sie versuchte sich
zu befreien und bettelte ihn an, gehen zu dürfen, doch er
umarmte sie nur fester und sagte ihr, dass keine Gefahr drohe.
Resigniert seufzte sie und erwiderte seine Umarmung. Und er fühlte,
wie sich ihr Körper entspannte und eine Veränderung durchmachte.
Ihr Mund suchte seinen und ihr Schenkel schob sich an seinem Bein
hoch. Ihr Kuss wurde hungriger und ihre Hände öffneten
fieberhaft sein Hemd und seine Hose. Jetzt wusste er endgültig
nicht mehr was er denken sollte. Aber an nachdenken, war
angesichts ihrer Finger, die über seinen Bauch, tiefer und
tiefer wanderten, auch nicht mehr zu denken. Er konnte dem nicht
mehr wiederstehen und presste sie gegen die Wand eines
heruntergekommenden Lagerhauses und schob ihr Kleid hoch. Schnell
war das
kleine Stück Stoff, das sie noch trennte, entzweigerissen und er
hob sie hoch um sie mit kurzen festen Stößen zu lieben. Ihre
Schenkel schlangen sich um seine Hüfte und sie umfasste seinen
Hals. Er vergaß alles um sich herum. Sah nur sie, roch ihr
Parfum, schmeckte ihre Haut. Ihre Leiber rieben sich aneinander,
in völliger Ekstase. Er fühlte die heranrollende Explosion
seiner Sinne, als er sie verzweifelt schreien hörte:
"Nein! Bitte nicht! Nicht diesmal!" Und dann
schluchzend: "Bitte, vergib mir, es tut mir so leid, aber
ich kann nicht anders."
Und das letzte, was er spürte, war ein unbeschreiblicher
Schmerz, als sie ihre Zähne in seine Haut schlug und ihm die
Kehle aufriss.
Sie sanken zusammen auf den Boden und sie trank gierig von seinem
leblosen Körper. Ließ irgendwann von ihm ab um sich am
Hafenbecken zu waschen. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit, in
wenigen Stunden würde der neue Morgen grauen und die Sonne zu
ihrer alltäglichen Gefahr werden. So, wie sie nachts, eine
Gefahr für den Mann und die Liebe war. Sie hätte den Fremden
gerne näher kennen gelernt. Als sie ihn dort am Tisch sitzen
sah, hatte sie sich sofort in ihn verliebt. Doch es war ihr
Schicksal , einsam zu bleiben.
Ewig.